Würde, Macht und die Politik der Zapatistas

Die zwei Zeiten der Revolution

Im Jahr 1994 begann die bewaffnete Erhebung der Zapatistas. Für einen Augenblick schaute die Welt auf Mexiko. Die zapatistischen Gemeinden praktizieren eine Form der Basisdemokratie und bilden die politische und personelle Basis der Bewegung.

Die klassischen Revolutionen, ob in Russland, China und auch in Cuba, entpuppten sich eigentlich allesamt als große Enttäuschungen für das kämpfende Volk. In allen Fällen sei die Reproduktion der Machtverhältnisse herausgekommen, vielleicht eine Veränderung der Machtverhältnisse, aber eine Reproduktion der Machtverhältnisse, die Leute ausschließen, die materielle Ungerechtigkeit reproduzieren, und eine Gesellschaft, die nicht selbstbestimmt sei. Holloway schließt aus der historischen Analyse revolutionärer Prozesse, dass an der Idee der gesellschaftlichen Transformation mithilfe des Staates an sich etwas falsch sein muss:

Das Scheitern der Gesellschaftsveränderung durch den Staat hat mit dem Wesen des Staates selbst zu tun, damit, dass der Staat nicht einfach eine neutrale Institution ist, sondern eine spezifische Form von sozialem Verhältnis, die mit der Entwicklung des Kapitalismus aufkommt. Und dass er eine Form von sozialem Verhältnis ist, die auf dem Ausschluss der Menschen von der Macht basiert, die auf der Trennung und Fragmentierung der Menschen beruht.

Eine erfolgreiche Revolution müsse demnach antistaatlich sein, proklamiert der Ire und stützt sich bei seinen Reflexionen auf den Zapatisten-Aufstand. Die südmexikanischen Bauern haben sich zu einer Zeit erhoben und rebelliert, als es in der modernen Gesellschaft keinen Platz mehr für Revolten zu geben schien. Und sie haben vorgeschlagen, die ganze Konzeption dessen, was Rebellion, Revolte und Revolution neu zu überdenken.

Der Basis verpflichtet
In über dreißig Landkreisen behaupten sich autonome Gemeinden nach dem Prinzip des gehorchenden Befehls. Die gewählten Vertreter und Vertreterinnen sind also den befehlen der Basis verpflichtet. Sofern sie sie nicht erfüllen, können sie abgesetzt werden.

Für John Holloway ein weiter Stütze seines Postulats: Die Zapatisten wollen die Welt verändern ohne die Macht zu übernehmen. Das heißt auch den Kampf um die Weltveränderung nicht als einen um den Staat und die Macht konzentrierten Kampf zu denken. Es sei wichtig, unsere eigenen Strukturen zu entwickeln, unseren eigenen Weg, die Dinge zu tun.

Ich möchte, dass Subcomandante Marcos Recht hat, wenn er sagt, sie seien stärker als die mexikanische Regierung. Ich möchte, dass sie Recht haben, weil ich keinen anderen Ausweg aus der Tragödie sehe, in der wir leben, in der etwa 50.000 Menschen täglich verhungern und in der über eine Milliarde Menschen in extremer Armut lebt. Die Revolution ist hoffnungslos überfällig, aber es scheint oft so, als wären wir in einer hoffnungslos überfälligen Unmöglichkeit gefangen. Wenn wir wollen, dass sie Recht haben, dann müssen wir versuchen, die theoretischen und praktischen Fundamente dessen, was sie tun, zu verstehen, zu kritisieren und zu stärken.

Preguntando caminamos, fragend schreiten wir voran.

Hör-Tipp
Kontext, jedeen Freitag, 9:05 Uhr

Buch-Tipp
John Holloway, "Die zwei Zeiten der Revolution. Würde, Macht und die Politik der Zapatistas", Verlag Turia und Kant, ISBN 3851324587

Link
Turia und Kant - Holloway