Die ewige Krise der Musikindustrie

Copyright Summit Brussels

Bei der vom Dachverband der Verwertungsgesellschaften einberufenen Tagung waren alle da: Verwertungsgesellschaften, Verlagshäuser, Plattenindustrie, Musikmanager. Und alte Klagen wie: User zahlen für Klingeltöne, aber nicht für Musik-Downloads.

Sie waren alle da: Vertreter von diversen nationalen und internationalen Verwertungsgesellschaften und Verlagshäusern, die Plattenindustrie, Musikmanager, Internet und Service Provider, Mitglieder der Europäischen Kommission und der eine und andere Künstler. Man hörte altbekannte Klagen wie: User sind bereit für Klingeltöne zu bezahlen, aber nicht für Musik-Downloads.

Es wurden Studien zitiert. Eine besagt, dass weder file sharing noch peer to peer Netzwerke der Musikindustrie Schaden zufügen, sondern die Angewohnheit der Konsumenten, CDs zu brennen. Eine andere stellt klar, dass diejenigen, die Musik und Videos aus dem Internet herunterladen auch diejenigen sind, die Musik-CDs kaufen und ins Kino gehen. Für jede Studie lässt sich eine Gegendarstellung finden und jeder Teilnehmer unterstützte nur jene, die seinem Geschäftsmodell am ehesten entspricht.

Nur eine Botschaft fand allgemein Anklang

Es gab bei der vom Dachverband der Verwertungsgesellschaften Cisac einberufenen Veranstaltung in Brüssel nur eine Botschaft, die keinen Widerspruch hervorrief und sich dafür eignete, kollektives Nicken auszulösen. Die Botschaft lautete: Es lief vieles falsch in den letzten Jahren. Während die Plattenindustrie ihr Glück über die Musik-CD nicht fassen konnte, die ihnen sprichwörtlich die Lizenz zum Gelddrucken einbrachte, entstanden auf der anderen Seite schon längst wieder andere Formate, die konsumentenfreundlicher sind. Industrie wie Verwertungsgesellschaften haben die Entwicklungen im Internet schlichtweg verschlafen.

Es war Ende 1970, als Sony das erste Mal die CD der Öffentlichkeit präsentierte. Damals war die Welt für die Plattenindustrie noch in Ordnung, erinnert sich Peter Jenner. In den 1960er Jahren machte sich der Engländer einen Namen, als er Bands wie Pink Floyd und The Clash unter Vertrag nahm und eine Reihe an freien Konzerten im Londoner Hyde Park organisierte, unter anderen mit den Rolling Stones.

Der Job von Plattenfirmen sei es, so Peter Jenner, den Verkauf von Plastik voranzutreiben, Ihre Seinsberechtigung bestehe darin, Kopien zu produzieren. Heute erledigen die Konsumenten diesen Job selbst; freiwillig, in Heimarbeit. Sie produzieren bessere Zusammenstellungen und es kommt sie weitaus billiger. Kein Wunder, dass die Plattenindustrie, diese Entwicklung als Bedrohung sieht. Ihre Presswerke wurden auf einmal wertlos.

Copyright und Urheberrecht

Heute ist es schwer, den Preis noch weiter in weitere Höhen zu treiben. Durch das Monopol war die Plattenindustrie in der Lage, ein 1-Euro-Produkt für 20 Euro zu verkaufen, erzählt Jenner: "Davon zahlten sie an die Künstler - ja was - vielleicht zwei Euro. Den Songschreibern vielleicht einen Euro. Ich weiß es nicht so genau; vielleicht waren es vier oder fünf Euro, die sie am Ende von ihrem Gewinn abziehen mussten. Wenn sie einen Hit landeten, dann senkten sich damit die Produktionskosten auf vielleicht 25 Cent. Und in vielen Fällen mussten sie an ihre Künstler überhaupt nichts mehr entrichten, weil sie sie bereits bei der Vertragsunterzeichnung vorausbezahlt hatten. Der Vorteil von großen Chargen und die Möglichkeit, den Preis zu bestimmen, führte dazu, dass sie mehr und mehr Gewinne schrieben."

Als der Markt mit der Plastikscheibe einbrach, war bereits viel Porzellan zerschlagen worden. Die Plattenindustrie machte sich nicht gerade beliebter in ihrem Kampf ums Überleben. Den führte sie nämlich damit, dass sie ihre Konsumenten als kriminell und als Diebe beschimpfte. Das Geschäft mit der Kopie, ihr "copyright", entglitt ihnen Schritt für Schritt.

Neben dem Copyright gibt es noch das Urheberrecht, aber Letzteres habe nur wenig Auswirkungen auf die Industrie, sagt Jenner. Die Musikindustrie generell, und vor allem die Plattenindustrie sei im wesentlichen in anglosächsischer Hand. Und dort, so Peter Jenner, habe man Dingen wie der Kopierabgabe auf CD-Rohlingen und Leerkassetten nie zugestimmt. Für die Engländer wäre das gleichbedeutend gewesen mit der Legalisierung der Privatkopie.
Niemand schaufelt sich gerne sein eigenes Grab.

Hör-Tipp
Matrix, Sonntag, 10. Juni 2007, 22:30 Uhr

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