Im Krankenhaus ist der Wurm drin

Die elektronische Gesundheitsakte

Würmer und andere Schadprogramme sind besonders gefährlich, wenn sie sich auf vernetzten Systemen immer weiter fortsetzen können. Was würde das für die elektronische Gesundheitsakte ELGA bedeuten? Sie führt ja zu mehr Vernetzung im Gesundheitsbereich.

Anfang Jänner wurden im Klagenfurter Landeskrankenhaus 3.000 PCs von einem sogenannten Wurm befallen, der den Namen "Conficker" oder auch "W32.downadup" trägt. Der Wurm nützt eine Sicherheitslücke von Microsoft Windows aus und gelangt so auf den Rechner. Hat er sich einmal eingenistet, lädt er weitere Schadprogramme aus dem Internet nach und sperrt den Nutzer von seinem Rechner aus.

ELGA und der Wurm

Microsoft hatte bereits im November einen Patch für dieses Problem veröffentlicht und allen Usern geraten, diesen sofort aufzuspielen, offenbar hatten das aber sogar Behörden verabsäumt oder gar nicht erfahren.

Würmer und andere Schadprogramme sind besonders gefährlich, wenn sie sich auf vernetzten Systemen immer weiter fortsetzen können. Für die Quintessenz, den Verein zur Wiederherstellung der Bürgerrechte im Informationszeitalter, war Conficker am Dienstag Anlass zu einer kritischen Beschäftigung mit dem elektronischen lebenslangen Gesundheitsakt, kurz ELGA. Denn ELGA würde ja noch mehr Vernetzung im Gesundheitsbereich bedeuten.

Zentral gespeichert und alle haben Zugriff

Der elektronische lebenslange Gesundheitsakt ist eine Entwicklung, die vom Bund, den Ländern und den Sozialversicherungen betrieben wird und bis 2012 realisiert werden soll. Das Projekt sieht vor, dass alle Daten und Befunde eines Patienten zentral gespeichert werden und alle Gesundheitsdienstanbieter - also Ärzte und Krankenhäuser, aber auch Krankenversicherungen, Apotheken, Masseure oder Fußpfleger - darauf zugreifen können.

Damit sollen Befunde jederzeit verfügbar sein, Mehrfachuntersuchungen verhindert werden und Wechselwirkungen von Medikamenten unter Kontrolle sein. Neben Datenschützern sind auch Ärzte wenig begeistert von dieser Idee. Der praktische Arzt Christian Husek hat deshalb die Initiative ELGA gegründet.

Kritikpunkt: reine Sammeln der Daten bringt Nichts

Christian Husek und seine Mitstreiter sind vom praktischen Nutzen der elektronischen Gesundheitsakte nicht überzeugt und sie stört vor allem auch, dass Ärzte wie bei der eCard wieder nicht in die Planung miteinbezogen werden, aber die Kosten und Konsequenzen zu tragen haben.

Kritikpunkt Nummer eins ist für den Mediziner, dass das reine Sammeln der Daten für die Behandlung überhaupt nichts bringt. Der Hausarzt oder ein anderer Arzt des Vertrauens müsste die Befunde strukturieren, müsste dafür aber auch bezahlt werden. Das ist aber nur der organisatorische Aspekt.

Hauptbedenken sind die Datensicherheit und die hohen Kosten. Die Schätzungen reichen von 30 Millionen bis zu drei Milliarden Euro. Christian Husek meint, Kosten von 500 Millionen bis eine Milliarde seien im Vergleich mit Deutschland, wo es eine offizielle Abschätzung der Kosten eines derartigen Systems gibt, wahrscheinlich.

Patienten tragen Kosten und Risiko

Die Patienten, die im Endeffekt die Kosten zu tragen haben, tragen aber auch das Risiko eines Missbrauchs ihrer Daten. Einerseits könnten die zentral gespeicherten Daten von Schadprogrammen oder Cyberkriminellen manipuliert oder ausspioniert werden.

Daten könnten gestohlen und an Pharmafirmen oder Versicherungen verkauft werden. In den vergangenen Monaten gab es in England, Deutschland und den USA mehrere Fälle von Datendiebstahl - unter anderem auch von Gesundheitsdaten.

Die Initiative ELGA fürchtet in erster Linie aber Missbrauch durch Berechtigte. So könnte zum Beispiel ein Betriebsarzt Daten über Erkrankungen eines Mitarbeiters an die Geschäftsführung weitergeben oder bei einer Behörde eine undichte Stelle auftauchen.

Christian Huseks Schlussfolgerung: Ein elektronischer Gesundheitsakt sei maximal bei Menschen mit vielen oder komplexen Erkrankungen sinnvoll und sollte möglichst nur privat oder beim Hausarzt angelegt werden.

Mehr über den Wurm Conficker in futurezone.orf.at

Hör-Tipp
Dgital.Leben, Montag bis Donnerstag, 16:55 Uhr

Links
Quintessenz
Initiative ELGA
Youtube - Video über ELGA

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