Professur in Wien

Die Komponistin Chaya Czernowin

Musik soll über sich selbst nachdenken, eigene Vorstellungen entwickeln und, wenn nötig, alles Bisherige über Bord werfen. Seit letztem Jahr vermittelt die Komponistin Chaya Czernowin diesen Weg auch Studenten und Studentinnen der Wiener Musik-Uni.

Czernowin über ihre Arbeitsweise

Komponieren ist ein Wagnis. Ein Versuch zu Fliegen und sich dabei nie selbst aus den Augen zu verlieren, ohne Angst auch wenn man immer wieder von neuem beginnt.

Chaya Czernowin hat es in dieser Disziplin zur Meisterschaft gebracht. Die feinfühlige Frau mit dem schwarzen Pagenkopf lässt ihre Augen konzentriert über die Notenzeilen wandern, wenn Studierende ihre Stücke vorlegen. Beinahe auf den ersten Blick - man könnte es auch intuitiv nennen - weiß die israelische Komponistin, wohin die Noten in der Partitur streben, welchen Traum sie versuchen zu verwirklichen. Sie fragt nach, lotet aus, um dann individuell passende Denkanstöße zu geben.

Muster und Lösungsstrategien

"Kompositionsunterricht funktioniert im besten Falle wie eine wirklich gelungene Psychotherapie, wo man auf Muster aufmerksam gemacht wird und Lösungsstrategien angeboten bekommt. Man lernt sich selbst im Stück besser zu erkennen", meint Julia Purgina, eine von Czernowins Studentinnen an der Musikuniversität in Wien.

On the road

Nach langen Aufenthalten in Deutschland, Japan und den USA hat sich die israelische Komponistin letztes Jahr in Wien niedergelassen. Sie brach ihre Zelte an der University of California in San Diego ab, um an der Universität Wien Komposition zu unterrichten.

Dass sie unterrichten würde, war ihr schon als Kind klar, denn es sei immer etwas sehr Natürliches gewesen, erzählt sie. Dank zahlreicher Stipendien und Preise konnte Chaya Czernowin ihre eigene Tonsprache entwickeln und musste nicht Vorstellungen anderer in Auftragswerken erfüllen. Sie nahm sich Zeit, ihrer Musik beim Nachdenken zuzuhören und fand ihre eigene Stimme.

Suche nach der eigenen Stimme

Selbstreflexion fordert sie nicht nur von ihrer Musik sondern auch von ihren Studentinnen und Studenten. Chaya Czernowin versucht sie bei der Suche nach der eigenen Stimme zu unterstützen. Peter Edwards hat die kritische Seite der Komponistin besonders im Unterricht an der UCSD genossen. " Sie hat diese unglaubliche Fähigkeit, einen Notentext anzuschauen und sofort zu wissen, was da los ist. Sie wusste genau, wo die Probleme lagen. Am Anfang war das überraschend und erschreckend zugleich, denn ich konnte mich nicht verstecken."

Heute unterrichtet Edwards selbst am Konservatorium in Singapur und ist in Wien auf Besuch, um ein Seminar für die Klasse Czernowin abzuhalten. Über die Jahre entwickelt sich aus dem Lehrerin-Schüler Verhältnis manchmal so etwas wie Freundschaft. Doch die einstigen Rollen lassen sich nie ganz ablegen, so Chaya Czernowin.

Hör-Tipp
Zeit-Ton, Dienstag, 26. Juni 2007, 23:05 Uhr

DVD-Tipps
Chaya Czernowin und W.A. Mozart, "Zaide-Adama", Deutsche Grammophon, 0044007342527

Chaya Czernowin, "Pnima...ins Innere", mode records, B000G8NW42

Links
Schott Music - Chaya Czernowin
Universität für Musik und darstellende Kunst Wien