Exorzismus boomt
Wenn man vom Teufel spricht
Wer mit der Welt nicht fertig wird, macht manchmal höhere Mächte verantwortlich. Und manche meinen, der Teufel sei im Spiel. Zum Austreiben desselben fühlen sich nach wie vor auch katholische Priester berufen. Ein Bericht aus Österreich.
8. April 2017, 21:58
Auf einmal geht es los. Das Würgen. Die Stimmen, die grölen, schreien und stöhnen. Das Festhalten durch jemanden, von dem man höchstens einen Schatten sieht. Maria hat das unzählige Male erlebt. Ihren richtigen Namen nennt sie nicht. "Du kannst Dich nicht wehren dagegen. Man hört es ja nur und man spürt es nur", erzählt sie, "Du bist total hilflos und es ist so grauslich wie in einem Horrorfilm."
Automatisch habe sie angefangen zu beten. "Und dann von einer Minute auf die andere", Maria schnipst mit den Fingern, "ist es aus. Und dann denkst Du Dir: Was war das jetzt? Ich bin ja nicht verrückt, oder?". Heute sagt Maria, Erfahrungen mit dem Teufel seien das gewesen. In ihrer Angst rief sie eine Freundin an. Die suchte Maria über das Internet eine Adresse raus: die von Kaplan Christian Sieberer.
Der Teufel im Leib
Der "Pfaffenheini", wie sich der katholische Priester auf seiner Internetseite nennt, ist in Baden bei Wien in Amt und Würden. Er sagt, Marias Phänomen sei keine Ausnahme. Viele, die glauben, mit dem Satan in Schwierigkeiten gekommen zu sein, offenbaren sich dem Geistlichen, weil er versteht, was es heißt, den Teufel im Leib zu haben. "Wie diese Menschen leiden, das ist unvorstellbar", sagt er und erzählt von Gerüchen und Geschrei.
Meistens passiere das in der Nacht: "Irgendwann in der Nacht wacht man auf und hat das Gefühl, es ist jetzt jemand da", beschreibt Sieberer, "und dieser jemand beginnt dann einen zu würgen und in Schrecken zu versetzen." Ein Phänomen, das der Kaplan schon sehr oft gehört habe und, "das wirklich sehr unheimlich ist." Schrecklich sei es auch, wenn diese Menschen dann durch die Luft "schweben" und einen "bestialischen Geruch" verbreiten. Man mag es kaum glauben: "Ein Kind, das plötzlich einen Tisch hebt, der 50 Kilo wiegt, oder Leute, die ihr Wohnzimmer zusammen prügeln!"
Okkulte Phänomene
Jeder fünfte Österreicher denkt, dass es den Teufel tatsächlich gibt. Das ergibt eine vom Meinungsforschungsinstitut IMAS vergangenes Jahr durchgeführte Umfrage. Und es gibt immer mehr Menschen, sagen Priester, die sich vom Teufel bedrängt fühlen und von okkulten Phänomenen erzählen würden. Fast 400 Gläubige melden sich jährlich auch bei Kaplan Sieberer um Beistand bei diesen mehr als ungewöhnlichen Problemen.
Beim Psychiater gut aufgehoben
Viele der Menschen, die sich um einen Exorzismus bemühen, seien de facto Menschen mit sehr gut erklärbaren psychischen Störungen, sagt der Psychiater Wolfgang Fleischhacker von der Universitätsklinik Innsbruck: Die Symptome dafür seien meistens Wahnideen und Halluzinationen. Sie können bei Schizophrenie, schweren depressiven Störungen, Epilepsie oder auch bei einem Hirntumor vorkommen. Diesen Menschen könne mit den Methoden der modernen Psychiatrie sehr gut geholfen werden, ist sich Fleischhacker sicher, aber: "Natürlich nur, wenn sie kommen!".
Hör-Tipp
Journal-Panorama, Donnerstag, 5. Juli 2007, 18:25 Uhr
Buch-Tipps
Andreas Resch, "Lexikon der Paranormologie. Band 1: Azurit-Malachit", Resch Verlag, ISBN 978-3853820810
Andreas Resch, "Aspekte der Paranormologie. Die Welt des Außergewöhnlichen", Resch Verlag, 1992, ISBN: 978-3853820551
Veranstaltungs-Tipp:
"Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie - Ein interdisziplinärer Kongress", 11. bis 13. Oktober 2007, Graz
Links
exorzismus.net
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Pfaffenheini