Einer der größten Tenöre des letzten Jahrhunderts

Luciano Pavarotti ist tot

Er zählte zu den bedeutendsten Tenören: Luciano Pavarotti, der am Donnerstag 71-jährig an seiner Krebserkrankung gestorben ist. Seinen letzten großen Auftritt hatte er bei der Eröffnung der Winter-Olympiade 2006. Zuletzt nahm er noch geistliche Lieder auf.

Nachruf auf "Big P" von Susanna Dal Monte

Luciano Pavarotti, in den Zeiten seiner Triumphe "Big Luciano" genannt, ist am 6. September 2007 71-jährig an seiner Krebserkrankung gestorben.

Zuletzt hatte Sorge und Verwirrung um den kranken Opern-Star geherrscht: Ein Interview seiner Tochter Giuliana über den stark verschlechterten Gesundheitszustand ihres 71-jährigen Vaters sorgte Anfang Juli in Italien für Wirbel. "Er weiß, dass er bald sterben wird", sagte sie dem italienischen Klatschblatt "Diva e Donna". Einziger Wille des einst gefeierten "Tenorissimo" sei es, "seine Eltern zu erreichen und endlich Frieden zu finden."

Dementi von Tochter Giuliana

Später jedoch warf die Tochter aus erster Ehe dem Blatt vor, es habe ihre Worte völlig verdreht und ins Gegenteil verkehrt. In Wirklichkeit befinde sich ihr Vater in seiner Heimatstadt Modena und sei auf dem Weg der Besserung. Mitunter fahre er sogar ans Meer oder gehe ins Studio.

Pavarotti kürzlich: "Mir geht es besser"

Auch Pavarotti, der vor einem Jahr an einem Krebsgeschwür an der Bauchspeicheldrüse operiert worden war, äußerte sich öffentlich optimistisch. "Sie wollen von mir hören, ob ich tot bin? Mir geht es besser, ich bin dabei, mich zu erholen", sagte er der Mailänder Zeitung "Corriere della Sera" (Online-Ausgabe) am 4. Juli 2007.

Kurz davor hatte das TV Bilder des stark abgemagerten und im Rollstuhl sitzenden Pavarotti gezeigt. Es hieß, der einstige Drei-Zentner-Mann habe 30 Kilogramm Gewicht verloren.

Letzter Auftritt bei Olympischen Winterspielen 2006

Seinen letzten, unvergesslichen Auftritt feierte Pavarotti bei der Eröffnung der Olympischen Winterspiele im Februar 2006 in Turin, als er vor den Augen der Welt nochmals sein Paradestück "Nessun Dorma" aus Giacomo Puccinis Oper "Turandot" sang. Der große, schwere Mann musste sich damals stützen, vielen Fans stiegen die Tränen in die Augen.

Zuletzt Aufnahme geistlicher Lieder

Nach Angaben seiner Managerin Terri Robson arbeitete Pavarotti zuletzt an der Aufnahme geistlicher Lieder. Diese solle bis Ende August oder September beendet sein und Anfang 2008 auf den Markt kommen, so die Managerin Anfang Juli. Pavarotti habe ihr am Telefon gesagt, er fühle sich wieder besser.

Durchbruch 1964 in Covent Garden

Luciano Pavarotti, am 12. Oktober 1935 in Modena geboren, studierte zunächst Pädagogik und arbeitete als Volksschullehrer. Mitte der 1950er Jahre nahm er Gesangsstunden, und dann ging alles rasend schnell: Erste Opern-Engagements 1961, als Rudolf in "La Bohème".

1962 folgte ein glanzvoller Auftritt in Amsterdam, 1964 sprang er an der Covent Garden Opera in London für den erkrankten Giuseppe di Stefano ein. "Ich war mir immer bewusst, dass die Stimme ein göttliches Geschenk ist", so Pavarotti. 1966 folgte das Debüt an der "Scala", zwei Jahre später an der New Yorker "Met". In seinen großen Zeiten schaffte er es, auf einer Partiturzeile gleich neun Mal auf ein hohes C zu kommen. Und immer wieder war es sein Auftritt in "La Bohème", der die Fans dahin schmelzen ließ.

Staatsopern-Debüt 1963

"Big P.", wie Pavarotti vor allem in den USA genannt wird, debütierte als erster der "Drei Tenöre" in Wien: Am 24. Februar 1963 trat er als Rudolf in "La Boheme" erstmals im Haus am Ring auf.

Einschließlich Giordanos "Andrea Chenier", Pavarottis letzter Wiener Partie, hat der Star-Tenor insgesamt neun Rollen an der Staatsoper gesungen. Darunter in "Aida", "Liebestrank", "Tosca", "Maskenball" sowie "La Traviata".

Letzter Wien-Auftritt mit "Chenier"

An der Wiener Staatsoper trat Luciano Pavarotti zuletzt im November 1996 in einer musikalischen Neueinstudierung von Umberto Giordanos "Andrea Chenier" auf, die von Marco Armiliato geleitet wurde.

Damals sorgte Pavarotti für Unmut, als er eine der Vorstellungen aus Krankheitsgründen kurzfristig absagte. Die Aufführung wurde dann später noch eingeschoben.

Zuletzt Schlagzeilen aus Privatbereich

In den letzten Jahren waren es dann eher Schlagzeilen aus dem Privatbereich Pavarottis, die um die Welt gingen:

Der quälende Streit um Steuermillionen, seine Scheidung nach Jahrzehnten Ehe, seine Affäre mit der mehr als 30 Jahre jüngeren Ex-Sekretärin Nicoletta Mantovani. 2003 kam bei der Geburt von Zwillingen ein Kind ums Leben, Ende des Jahres folgte schließlich die Hochzeit.

Probleme an der "Met"

"Die Leute bezahlen, weil sie mich hören wollen. Erst wenn sie wegbleiben, ist für mich Schluss", meinte "Big Luciano" vor einigen Jahren, kurz nach den Peinlichkeiten an der Metropolitan Opera in New York. Damals sagte er zwei Mal hintereinander nur eine Stunde davor "Tosca"-Vorstellungen ab.

Und eine Zeitung titelte: "Der Dicke singt nicht". Das traf ihn schwer, schließlich hatte er an der "Met" seine goldenen Zeiten erlebt.

Kritik an "Pavarotti AG"

Doch das Besondere, das Herausragende an dem "Tenorissimo", waren nicht die Auftritte auf der Opernbühne - es war sein Tabubruch, den ihm Opern-Puristen bis heute nicht verzeihen. "Pavarotti AG" nennen Kritiker seine Melange von Oper, Pop und Geschäft.

Sie meinen damit seine Auftritte mit den Spice Girls und Tom Jones, seine Konzerte in Fußballstadien, den Hang zum Seichten. "Ich kenne Popsongs, die besser sind als fast jede Opernarie", reizte der Tenor seine Kritiker.

Unternehmen "Drei Tenöre"

Weltberühmt wurde das Unternehmen "Die drei Tenöre" mit Placido Domingo und José Carreras. Ganz neue Dimensionen taten sich auf, auch finanziell. 1990 nutzte das Trio die Fußball-WM zum weltweit ausgestrahlten Auftritt.

Der Live-Mitschnitt wurde mit mehr als zehn Millionen verkauften Platten und CDs zum "größten Klassiker-Bestseller der Schallplattengeschichte", jubelten Branchenkenner. Pavarottis Arie aus Puccinis "Turandot" wurde zur Hymne der Weltmeisterschaft.

Ein schmerzlicher Abschied

Was Opernfans mit Luciano Pavarotti zuletzt erlebten, war eher ein trauriger Abgesang. Längst waren die guten Zeiten vorbei, das hohe C traf er seit Jahren nicht mehr, aber der einstige Star schleppte sich weiter von Konzert zu Konzert. Seine 2005 begonnene "Farewell-Tour" musste schließlich aufgrund der Krebserkrankung unterbrochen werden.

Seine Stimme war einst göttlich, die Opernwelt lag ihm zu Füßen, 1988 bekam er in Berlin 115 Vorhänge. Schlecht, sehr schlecht sei es ihm zeitweise gegangen, erzählte Pavarotti. Er musste sich am Halswirbel operieren lassen, war zeitweise fast gelähmt. Sein größter Wunsch sei es, noch einmal zu einem Abschiedskonzert in der "Scala" aufzutreten. Doch schon 2001 bei seinem 40. Bühnenjubiläum in Modena, konnte er vor dem Publikum nicht verhehlen, wie schwer ihm der Abschied fiel: "Jetzt gehe ich nach Hause und weine."

Weltweite Reaktionen

Die Opernwelt würdigt Luciano Pavarotti. Vom "Verlust der schönsten Tenorstimme meiner Zeit" spricht der Direktor der Wiener Staatsoper, Ioan Holender.

Grischa Asagaroff, der künstlerische Direktor des Zürcher Opernhauses, nennt Pavarotti den populärsten Sänger seit Enrico Caruso (1873 - 1921). "Auch wer sonst keinen einzigen Sänger kennt, kannte Pavarotti", sagte Asagaroff am Donnerstag auf Anfrage: "Jeder Taxifahrer in jedem Land kannte ihn". Pavarottis Tod sei ein "furchtbarer Schlag". Dessen Werk aber werde Bestand haben.

Mehr zu den Reaktionen auf den Tod von Luciano Pavarotti in oe1.ORF.at

Mehr zu Luciano Pavarotti in ORF.at

Hör-Tipp
Radio Österreich 1 ändert in memoriam Luciano Pavarotti sein Programm:
Apropos Oper, Donnerstag, 6. September 2007, 15:06 Uhr

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