Der Goldesel Handy-TV

Alpenlachs-Sushi und Männertee

Der Handyhimmel hängt voller viel versprechender Pilotversuche. Nach MMS und UMTS verspricht DVBH, der digitale TV-Standard für Mobilgeräte, den Bildern laufen zu lernen. Ganz ohne Bandbreitenprobleme. Eine Versuchsreihe.

Ein Strumpfband für die Haare, ein scharfes Messer und einige skurrile Kochideen stehen am Anfang jeder Mission von Bernie Rieder. Er ist der Koch, der zu den Zutaten fährt. Mit seinem orangen Flitzer machte er sich acht Folgen lang quer durch Österreich auf die Suche nach ausgefallenen Ingredienzien.

Mocookin hieß der Pilotversuch für Handy-TV, der im Frühsommer dieses Jahres auf DVBH ausgestrahlt wurde. Die Kochserie wurde im Autrag des ORF von der Produktionsfirma Blinklicht für ORF-Mobil entwickelt.

Das Konzept "Kochsendung" bewährt sich im normalen Fernsehen seit Jamie Oliver. Doch sowohl der Koch als auch der Regisseur Oliver Svec verwehren sich gegen einen Vergleich. Nur weil ein männlicher Koch vor der Kamera stehe, könne man das nicht mit dem englischen Vorkocher gleichsetzen.

Vom Freibad in die Küche

Der Burgenländer Bernie Rieder war kurz mal Bademeister im Purbacher Freibad, ansonsten immer der Kochkunst zugetan. Seine kreativen Einfälle kommen nicht nur dem Wiener Restaurant "Das Turm" zu Gute, sondern haben auch die Handy-TV-Serie geprägt.

Alpenlachs-Sushi aus dem Erdloch, Sommersalat aus Gläsern, Österreicher-Wok und Molekularkochen mit Stickstoff gibt’s exklusiv aufs Handy. Gespickt mit witzigen Animationen soll den Zuschauern Lust auf mehr gemacht werden. Dafür können/dürfen/sollen sie die Plattform des Providers ihres Vertrauens besuchen. So lautet zumindest der Plan der Marketingverantwortlichen.

Trial und Error

Handy-TV ist ein Lückenfüller, ein Langeweile-Vermeider. Handy-TV soll Menschen in Transiträumen, also beim Warten auf die U-Bahn oder am Amt, die Nachdenkpausen verkürzen, sie mit Musikvideos oder der brandneuen Folge der geliebten Soap unterhalten.

Das Konzept der Primetime, wie wir sie aus dem Fernsehen kennen, soll durch mobiles TV unbegrenzt werden. Bewegte Bilder immer und überall. Im Gegensatz zu UMTS, das mobiles Fernsehen seit längerem möglich macht, hat DVBH den Vorteil, an unbegrenzt viele Teilnehmer gleichzeitig senden zu können.

Nicht zu vergessen: die Interaktionsmöglichkeiten für Votings und ähnliche Zusatzfeatures. Im Gegensatz zum Internet funktioniert das Bezahlsystem beim Handy bereits - bezahlt wird ganz einfach über die Telefonrechnung.

Laut einer Studie der Wirtschaftsuniversität Wien sind rund sechs von zehn Österreichern bereit, für Handy-TV Zusatzkosten von zehn Euro pro Monat in Kauf zu nehmen.

In Österreich wurde vor kurzem ein Gesetzesentwurf vorgelegt, der Handy-Fernsehen ab nächstem Jahr ermöglicht. Bis zu 20 Kanäle soll es laut Gesetzesentwurf geben. Vier davon wird der ORF bespielen.

Spieglein, Spieglein an der Wand

Die Industrie ist aufs Äußerste bemüht, die Zauberformel für den Goldesel Handy-TV herauszufinden. Doch bisher basiert alles auf Versuch und Irrtum, denn auch die mobilen Formate müssen den neuen Gegebenheiten auf den kleinen Bildschirmen angepasst werden.

Einfache Bewegungen, kräftige Farben und eine eindeutige Dramaturgie mit einem Höhepunkt sind die Minimum-Erfordernise. Mehr geht sich in fünf Minuten - dem Transitraum-Standardformat- meist nicht aus.

Hör-Tipp
Matrix, Sonntag, 15. Juli 2007, 22:30 Uhr

Link
mocookin.at
Blinklicht

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