So reimen müsste man können!
Vorbild Georg Kreisler
Josef Hader, Severin Groebner, Martin Puntigam: So unterschiedlich ihre Kabarettprogramme, ihre Lieder und Texte auch sein mögen, in einem sind sie sich alle einig: Georg Kreisler hat ihr Schaffen entscheidend beeinflusst.
8. April 2017, 21:58
Josef Hader, Jahrgang 1962, verfolgte als Kabarettist einen Plan: Er wollte, wie er es selbst einmal formulierte, "so etwas Ähnliches wie Kunst" machen. Mit diesem ehrgeizigen Projekt hat er schon früh begonnen. Mit 20 Jahren stellte er sein erstes Programm vor. Es trug den Titel "Fort Geschritten" und Josef Hader verstand sich als Kleinkünstler im besten Sinne: wortverliebt und wild entschlossen, gute Lieder zu schreiben.
Eine wunderbare Art von Wahnsinn
Aus den Texten von Georg Kreisler konnte er für die eigene Arbeit die wichtige Erkenntnis erzielen, "dass der Reim nicht nur ein Hindernis ist, um das Richtige zu sagen, sondern dass der Reim einen auch auf Ideen bringt, auf die man sonst nie käme, dass der Reim in einem Lied den Wahnsinn ausbrechen lassen kann."
Diese Fertigkeit - nämlich durch Reime eine wunderbare Art von Wahnsinn entstehen zu lassen - perfektionierte Josef Hader in seinen Programmen. 1994 stellte er eine der im deutschen Sprachraum meist beachteten Kabarettproduktionen vor: "privat", die fiktive Lebensgeschichte von Josef Hader, bei der er fast auf den Mond fährt und eine ganze Reihen von schönen Liedern singt; Lieder, die all jene Kunstgriffe beinhalten, die Josef Hader bei den Chansons von Georg Kreisler immer höchst geschätzt hat.
Generationenübergreifend mehrheitsfähig
Martin Puntigam, der aus Graz stammende Kabarettist, wurde vor 20 Jahren bei Georg Kreisler in der Garderobe vorstellig und verlangte ihm ein Autogramm ab. Ob er es noch besitzt, hat uns Martin Puntigam nicht verraten. Warum ihm Georg Kreisler schon als Kind lieber war als dessen Kollegen aus dem Kabarett der 1950er Jahre, hatte vorerst einen profanen Grund. Es lag an dem Lied "Der Papa wird's schon richten", in dem neben dem Gießhübl auch der Puntigam unehrenhafte Erwähnung fand. Gerhard Bronner war der Autor, Helmut Qualtinger der Interpret, Martin Puntigam unangenehm berührt. Georg Kreisler hingegen war gänzlich unbeteiligt.
Für Kreisler sprach außerdem, dass er im Hause Puntigam generationenübergreifend als mehrheitsfähig galt. Den Texten und Chansons von Georg Kreisler hat sich Martin Puntigam mit dem distanzierten Respekt seiner Generation genähert. Vorbildfunktion würde der Kabarettist allerdings keine ableiten wollen. Da waren ihm Gerhard Polt, Josef Hader und die britische Komikergruppe Monty Python inhaltlich und auch formal stets näher. Wenngleich Martin Puntigam, der schon als Kind lieber ins Theater als in die Operette ging, sich der musikalischen Dimension des Georg Kreisler auch nicht ganz entziehen konnte: "Das war halt musikalisch interessant, interessanter als diese üblichen Kabarettbegleitungen, wie auch ich sie nur auf der Kaplangitarre beherrscht habe."
Kreisler-Renaissance in Deutschland
Severin Groebner lebt seit einigen Jahren in Deutschland und seinen Beobachtungen zufolge wird dort sowohl der künstlerische als auch der politische Stellenwert von Georg Kreislers Arbeiten wesentlich intensiver wahrgenommen. Das mag damit zusammen hängen, dass die Tradition des politischen Chansons - von Berlin ausgehend - in den vergangenen Jahren in Deutschland eine Art Renaissance erlebte. Es mag aber vielleicht auch an der Perspektive auf den Intellektuellen Georg Kreisler liegen, meint Severin Groebner.
In Deutschland gibt es mittlerweile einige Künstler, die sich an Georg Kreisler - im wahrsten Sinne des Wortes - ein Beispiel genommen haben. Der Chansonnier und Schauspieler Tim Fischer geht mit Kreisler-Abenden auf Tour und spielte in Kreislers Ein-Mann-Musical "Adam Schaf hat Angst oder: Das Lied vom Ende" bei der Uraufführung im Berliner Ensemble die Hauptrolle.
Übermächtig und inspirierend
Auch Künstlerinnen wie Georgette Dee, Popette Betancor und Cora Frost ließen sich von Georg Kreislers Liedern inspirieren. Severin Groebner, als klassischer Kleinkünstler dem Reim und der Musikalität intensiv verbunden, plädiert für einen vorsichtigen Umgang mit Vorbildern.
Wie immer man es als Künstlerin, als Kabarettist, mit großen Vorbildern halten mag - ob man sie braucht oder sie fürchtet, ob sie übermächtig oder inspirierend erscheinen - in einem Punkt möchte Josef Hader ein zweiter Georg Kreisler sein, und zwar dann, wenn es um die sportliche Verweigerung von Ehrungen geht.
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Georg Kreisler