Aus dem Schatten
Das Handzuginstrument im Jazz
Lange Zeit war das Akkordeon ein Jazzinstrument zweiten Ranges. Dieser Umstand verändert sich immer mehr zu Gunsten des Akkordeons. Seit Jahren steigt die Popularität des Instruments, das eine interessante musikalische Farbe in den Jazz bringt.
8. April 2017, 21:58
Seit Jahren steigt die Popularität der Akkordeonmusik. Die Besucherzahlen des jährlich stattfindenden Akkordeonfestivals belegen das eindrucksvoll. Dabei hat dieses Instrument bereits eine lange Geschichte, immerhin verwendete Cyrill Demian aus Wien bei seinem Patent aus dem Jahr 1829 das Wort "Accordion". Seit damals wurde die Harmonika viele, viele Male in der Bau- und Spielweise verändert und der Tonumfang vergrößert.
In Frankreich, Italien, Deutschland, Tschechien, Russland (Bajan) und Österreich erfreute sich die Ziehharmonika großer Beliebtheit, so wurden beispielsweise von einer deutschen Herstellerfirma im Jahr 1860 214.500 Stück hergestellt. Das auch als Quetschn, Schifferklavier und Handorgel bezeichnete Akkordeon wurde also schon früh zum Volksinstrument.
Früher Akkordeon-Jazz
Auch im Jazz hat das Akkordeon seinen Weg gemacht, so berichtet zum Beispiel B. Jelly Roll Morton in seinen Memoiren vom Einsatz des Akkordeons in Blues- und Ragtime-Bands noch vor dem Ende des 19. Jahrhunderts.
In manchen Jazzorchestern der 1920er Jahre wurde das Akkordeon bereits verwendet. Jean Goldkette hatte einen Akkordeonspieler in seinem Line-up. Charlie Melrose spielte das Akkordeon in der Band des Trompeters Wingy Manone, Al Carsella spielte in der Ray Miller Band, Joe "Cornell" Smelzer bei Duke Ellington und der Neffe von Benny Moten mit Namen Ira "Bus" Moten spielten das Akkordeon in den frühen Tagen des Jazz bereits sehr effektvoll.
In Frankreich war das Akkordeon in den 1930er Jahren unverzichtbar geworden, mit Musette und dem Gypsy Jazz brachten es einige Akkordeonisten zu gewisser Popularität - wie etwa Gus Viseur (der sich als "Django Reinhardt des Akkordeons" bezeichnete), Joe Privat und andere.
Tango und Swing
Der Amerikaner Art van Damme swingte mit seinem Akkordeon ab den 1940er Jahren und brachte bei MPS sehr niveauvolle Akkordeon-Jazz-Alben auf den Markt. Die Verbindung von Tango und Jazz war die Errungenschaft Astor Piazzollas, der in den 1970er Jahren ein viel beachtetes Album mit dem Baritonsaxofonisten Gerry Mulligan aufgenommen hat.
Lange Zeit war das Akkordeon allerdings ein Jazzinstrument zweiten Ranges. Dieser Umstand scheint sich gerade jetzt immer mehr zu Gunsten des Akkordeons zu verändern. Immer mehr Jazzensembles wollen auf dieses Instrument nicht mehr verzichten, es bringt eine interessante musikalische Farbe in den Jazz und ist auch als Rhythmusinstrument nicht zu verachten.
Aktuelles Akkordeon-Schaffen
Neuerscheinungen dieses Genres sind etwa Frode Haltlis Album "Passing Images" und Veronika Todorovas "Rosso". Weitere Protagonisten der Szene: Pete Rosser innerhalb der Gruppe Tango Siempre (mit Gilad Atzmon und Steve Argüelles), Jean Luis Matinier (mit David Friedman, Peter Weniger und Bepe Berns) und Richard Galliano (mit Paolo Fresu und Jan Lundgren).
Hör-Tipp
Die Österreich 1 Jazznacht, Samstag, 21.Juli 2007, 22:05 Uhr
Mehr dazu in oe1.ORF.at
CD-Tipps
Frode Haltli, "Passing Images", ECM, B000L42HBU
Fresu, Galliano, Lundgren, "Mare Nostrum", ACT, B000QXD5NA
Veronika Todorova Band, "Rosso", Net Fx (ZYX), B000RJVNKA
Tango Siempre, "Tangents", Galileo, B000RMC6GC
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