Regisseur und Autor

Abschied von George Tabori

Der Regisseur und Autor George Tabori starb am Montag im Alter von 93 Jahren in Berlin. Das teilte der Intendant des Berliner Ensemble, Claus Peymann, am Dienstag mit. Die Theaterwelt will Ende August bei einer Trauerfeier Abschied von Tabori nehmen.

Gernot Zimmermann über George Tabori

Der Theatermacher George Tabori ist tot. Der Regisseur und Autor starb am 23. Juli 2007 im Alter von 93 Jahren in Berlin. Die Theaterwelt nahm Ende August des Jahres bei einer Trauerfeier im Berliner Ensemble Abschied von Tabori.

Am Berliner Ensemble brachte Tabori bis zuletzt immer wieder neue Stücke auf die Bühne. "Das Neue jeden Tag finden. Es ist ja da! Weil wir sind ja jeden Tag anders, und die Welt auch", sagte George Tabori 1991 in der Ö1 Sendung "Im Gespräch" mit Doris Stoisser.

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Ein "wunderbarer Zauberer"
"Er war ein weiser und kindlicher Mensch, ein wunderbarer Zauberer", sagte Peymann. "Jetzt hat er die Bühne verlassen." Zuletzt hätten sich noch zahlreiche Schauspieler um das Bett des altersschwachen Tabori versammelt.

Seine Frau, die Schauspielerin Ursula Höpfner, sei bis zum Ende bei ihm gewesen. "Am Schluss hat er in seinen Träumen inszeniert", sagte Peymann.

Facettenreiches Leben

Die vielen Gesichter, die vielen Leben des George Tabori. An welchem Punkt seines überaus ereignis- und facettenreichen Lebens soll man überhaupt ansetzen? An seiner ungarisch-altösterreichischen Herkunft - sein Großvater war Kurarzt in Bad Ischl -, an seiner Zeit im wilden Berlin der Zwischenkriegszeit, als der gebürtige Budapester entschlossen war, wie sein Bruder Schriftsteller zu werden, oder an die Jahre der Flucht vor den Nazis, in denen Tabori als Zeitungskorrespondent und Agent für den englischen Geheimdienst in Bulgarien, Istanbul, Jerusalem und Kairo lebte und ganz nebenbei seinen dritten Roman "Original Sin" beendete?

Erfolg in Hollywood
Der Sprung von London nach Hollywood nach dem Krieg als Drehbuchautor war naheliegend. Tabori lernte Größen von Greta Garbo bis zu Marilyn Monroe kennen.

Joseph Losey verfilmte seine Drehbücher, Cary Grant spielte in einem Film nach seiner Idee und Alfred Hitchcock drehte Taboris "I Confess". In New York inszenierte kein Geringerer als Elia Kazan Taboris Stück "Flight Into Egypt".

Zurück nach Österreich
Über London und das Berliner Ensemble fand Tabori dann zurück zum deutschsprachigen Theater, das er bis zuletzt mit seinen Aufführungen bereicherte. "Ich bin der dienstälteste Theatermacher in Österreich und Deutschland", meinte er vor einiger Zeit. "Ich gucke zu und jedes Mal ist es für mich eine große Freude. Ich sage wenig...", "...aber Entscheidendes", wirft der Schauspieler Gert Voss ein, für den George Tabori am Burgtheater unter Claus Peymann große Rollen kreierte, von den "Goldberg-Variationen" bis hin zur "Ballade vom Wiener Schnitzel".

Mit seinem Hitler-Stück "Mein Kampf" sorgte Tabori 1987 für Diskussionen in Wien und im gleichen Jahr für einen veritablen Skandal bei den Salzburger Festspielen, als er Franz Schmidts "Buch mit sieben Siegeln" in der Universitätskirche inszenierte.

Ehrenmitglied des Burgtheaters
Hohe Ehren wurden Tabori im Alter zuteil, vom wichtigsten Literaturpreis Deutschlands, dem Büchner-Preis, bis zur Ehrenmitgliedschaft des Burgtheaters.

Ein ganz besonderer jüdischer Humor angesichts des Grauens - viele Mitglieder von Taboris Familie kamen in Auschwitz um - zeichnete George Taboris Person und Werk aus. In Arbeiten wie "Kannibalen", "My Mother's Courage" bis hin zu "Weissmann und Rotgesicht" setzte sich Tabori immer wieder auf ganz persönliche Weise mit dem Thema der Shoah auseinander: "Die Macht fühlt sich von der Kunst bedroht, ich glaube, das ist die Rechtfertigung der Kunst", meinte er einmal.

Experimente in München
Den entscheidenden Impuls, sich ganz dem Theater zuzuwenden, bekam Tabori von Bert Brecht, zuerst in Hollywood, dann in der DDR. Ende der 1960er Jahre begann Tabori zuerst im Bremer Labor Concordia, dann an den Münchner Kammerspielen mit seiner eigenen Truppe zu experimentieren.

"Work in progress" war auch die Devise, als er im Theater "Der Kreis" in Wien Ende der 1980er Jahre die Zeit des Gruppentheaters und des Actors Studio noch einmal wieder aufleben lassen wollte.

Liebenswürdig, friedfertig, großzügig
Als die Schweizer Kulturzeitschrift "Du" im September 2001 George Tabori ein eigenes Heft widmete, versuchte der Chefredakteur aus allen verschiedenen Stimmen von Freunden und Wegbegleitern ein Resümee zu ziehen. Das lautete: Keiner von ihnen wäre zuvor einem so liebenswürdigen, friedfertigen und großzügigen Menschen wie George Tabori begegnet.

Text: Gernot Zimmermann, APA, Textbearbeitung: Ruth Halle

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