"Trafficking" in Albanien
High risk
"Trafficking" ist der Begriff, mit dem der Handel von Frauen und Kindern in Prostitution, Zwangsarbeit und moderne Sklaverei bezeichnet wird. "Trafficking" ist mit dem Zusammenbruch des Kommunismus besonders in Albanien zum Problem geworden.
8. April 2017, 21:58
Armut ist einer der Motoren des Menschenhandels. Albanien ist eines der ärmsten Länder Europas. Ein Viertel der 3,2 Millionen Einwohner lebt mit weniger als zwei US-Dollar am Tag. Albanien ist deshalb ein Herkunftsland des Menschenhandels. Frauen und Kinder werden nach Italien, Griechenland und andere EU-Länder gebracht, oft bis in die USA.
Viele der Trafficking-Opfer landen im Zentrum "Different & equal", einem Verein, der den Frauen bei der Reintegration hilft, auf dem Weg zurück in ein normales Leben. Die Opfer von Trafficking stammen meist aus sehr armen Familien. Fast jede dritte wurde sexuell missbraucht. "In vielen Fällen sind die Eltern geschieden, und der Stiefvater missbraucht sie, physisch oder sexuell. Manchmal sehen wir auch junge Mädchen, die zur Heirat gezwungen wurden", erklärt eine Sozialarbeiterin, die anonym bleiben möchte.
Ungebildete sind leichte Beute
Die Mädchen haben meist eine sehr niedrige Bildung. Wenn es keine Möglichkeit zu arbeiten gibt oder die Schule weit entfernt ist, ist die Wahrscheinlichkeit größer, Opfer der Menschenhändler zu werden. "Different & equal" hat eine Studie mit 70 Opfern von Traffickern gemacht, Frauen im Alter von 15 bis 56 Jahren. Nicht einmal die Hälfte von ihnen hat die acht Jahre Pflichtschule absolviert.
Die Trafficker können diese Mädchen leichter manipulieren als andere. "Wenn man die ethnische Herkunft betrachtet, sind Roma und Ägypter am meisten gefährdet", so die Sozialarbeiterin. Die meisten werden von falschen Eheversprechungen oder einem schönen Leben im Ausland angelockt. Die Trafficker sind oft Verwandte.
Bei Kindern ansetzen
Hier hakt ein Projekt der OEZA und der Caritas Niederösterreich in Tirana ein. Im Kinderzentrum "Eden" in Tirana kann sich das Schicksal der Kinder entscheiden. Rund 50 Kinder aus Roma-Familien können hier mit professioneller Hilfe lernen und den Nachmittag mit Spielen, Musik und Sport verbringen.
Viele der Kinder waren noch nie in der Schule oder sind abgegangen. Sie mussten auf der Straße arbeiten und das Geld für die Familie verdienen. Finanziert wird das Eden von der Österreichischen Entwicklungshilfe und der Caritas Niederösterreich. Denn jedes fünfte Trafficking-Opfer ist ein Kind.
Terre des hommes schätzt, dass etwas mehr als 600 albanische Kinder "mutmaßliche Opfer von Trafficking" sind. Sie werden zum Betteln über die Grenze gebracht. Zusätzlich gibt es noch 400 Kinder, die sie "high risk of trafficking" nennen, höchstgefährdete Kinder, die derzeit noch in Albanien ausgebeutet werden.
Um diese Kinder, deren Zukunft in der Zwangsprostitution vorgezeichnet ist, geht es beim Projekt TACT, Transnational Action Against Child Trafficking - das von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit unterstützt wird. Mit den Geldern aus Österreich soll der transnationale Kinderschutz systematisch aufgebaut werden: mit Sozialarbeitern, die die Kinder von der Straße wegbringen, mit den Gemeinden, die Minderheiten wie Roma und Ägypter unterstützen, mit Elterngruppen und der Polizei. Denn wenn die Kinder einmal in den Bars und Sexclubs gelandet sind, kann ihnen niemand mehr helfen.
Zielland Österreich
Österreich ist nicht ohne Grund im Bereich Trafficking engagiert, denn Österreich ist ein Zielland des Frauenhandels. Forscher schätzen, dass rund 4.000 gehandelte Frauen allein in Wien leben, sie kommen aus allen Teilen der Welt. Drei Viertel der Prostituierten sind laut OEZD Opfer von Menschenhandel.
Hör-Tipp
Dimensionen, Mittwoch, 29. August 2007, 19:05 Uhr
Links
Österreichische Entwicklungszusammenarbeit
Terre des Hommes
Transnational Action against Child Trafficking