Heut' kommt die Irmgard auf Urlaub nach Wean

8. April 2017, 21:58

Nach ihren Wienliedererfolgen "Ottakring" und "In Wien, in Wien" hat die in Wien gefeierte Grand Dame des deutschsprachigen Chansons erneut zur Feder gegriffen. In ihrem neuen kabarettistischen Liederabend trifft die 82-jährige Wienliebhaberin Irmgard Knef künstlerisch auf Schrammelmusik, Volksweisen, Wienerlieder und Kabarettklassiker.

Sorella non grata

"Verkannt, verleugnet, vergessen" - mit diesen Attributen ausgestattet, entließ der Schauspieler und Autor seine Irmgard einst auf die Kleinkunstbretter. Mit Herz, Hirn und einer Brise Frivolität erzählte sie anfangs von ihrem glücklosen Leben als ewige zweite. Während Hilde ihre ersten Erfolge in Hollywood feierte, trieb sich Irmgard in der Kreuzberger Kneipenwelt herum. Hin und wieder soll sie auch Wien besucht und nicht nur den Schnäpsen sondern auch den Herren der Donaumetropole zugesprochen haben. Auf diesen nostalgischen Pfaden lässt Urich Michael Heissig seine Irmgard nun zum ersten Mal lustwandeln.

Droschken-Knef statt Fiaker-Milli
"Ich habe nicht die Absicht, das künstlerische Erbe der Fiaker-Milli anzutreten", erklärt Irmgard schamlos bescheiden. Auch in die Fußstapfen von von Mali Nagl oder Trude Mally würde sie mit ihren eleganten, spitzen Seidenschuhen kaum passen. Ganz dem Stil der alten Irmgard entsprechend, hat sie populäres Wiener Liedgut etwas verjazzt und satirisch verfremdet und bringt selbiges - mit einem Hauch Berliner Schnauze überzogen - in Wien nun zur Uraufführung. Und Anekdoten aus ihrem ganz persönlichen Wien-Tagebuch hat sie natürlich auch zu erzählen.

Harald Leiminger, der dritte Mann
Zum ersten Mal war Irmgard, wie sie selbst sagt, "kurz nach Figls Allparteienkoalition" in Wien. Ein wohlmeinender und mit Sicherheit gut aussehender "Filmoffizier" hatte ihr die Sache mit Orson Welles und seinem tollen Filmprojekt in Wien erzählt. Sofort zum Casting angereist, erhielt sie auch umgehend eine Absage. Am Set, wo sie noch ein bisschen zusehen durfte, "damit ich lerne, wie man's macht, wie Joseph Cotton feixte", lernte sie ihren ersten Wiener Lover kennen: Harald Leiminger. Er war ein für die Filmleute von den Besatzungsmächten abkommandierter städtischer Kanalräumer und musste für ein gutes Arbeitsklima im Kanal sorgen. Was bedeutete: Er musste vor Drehbeginn für Orson Welles die Ratten verjagen und die Gullydeckel aufhalten. Harald Leiminger war der dritte Mann in Irmgards Leben. Der Vierte war übrigens Martin Platter, ein Fußpfleger aus Döbling.

Beim Dumser in Neulerchenfeld
Die Tinte am Staatsvertrag war noch nicht trocken, da lernte Irmgard Knef Leopold Krawlicek kennen, ihren späteren Pianisten, der vor kurzem - völlig unerwartet - in seinem 94. Lebensjahr verstarb. Krawlicek war 1956 Hammondorgelspieler bei "Tscharlie Woprschaleks Goidn Bois aus Hernois", einer Tanzcombo, die in einer Tanzschule in Neulerchenfeld für Stimmung sorgte. Irmgard Knef war dort immer wieder zur Perfektion. Weil ihr Pianist ja sichtbar beschäftigt war, schaute sie sich nach anderen Tanzpartnern um. Einer davon war laut Irmgards Angaben "ein intellektueller Lockenkopf mit Glasln vorm Aug', der damals einen Standard nach dem anderen hinlegte, bis wir bei einer Rauferei von ein paar Halbstarken jäh unterbrochen wurden."

Hatschen oder hinken
Für ihr Wien-Special musste Irmgard Knef noch einmal die Sprachschule besuchen - Wienerisch für eine eingefleischte Berlinerin. Manchmal hatte sie den Verdacht, sie gäbe die My Fair Lady einer Reclamausgabe des Musicals im Wiener Dialekt. Über die Sprachbarrieren zwischen Wien und Berlin hat Irmgard Knef dann auch ein Lied verfasst. Die Musik dazu lieferte ein George Gershwin:

Du sagst Marille - ich sag Aprikose
Du sagst ‚wie fad', ich sag tote Hose
Marille, Aprikose, fad, tote Hose
Sprachlich geht sich das nicht aus