Kabarett-Task-Force aus Bayern

Erstes Deutsches Zwangsensemble

Matthias Tretter, Claus von Wagner und Philipp Weber bilden zusammen das Erste Deutsche Zwangsensemble. Diese bayerische Kabarett-Task-Force analysiert in "Mach 3!" die politische und gesellschaftliche Realität im Stil eines Hardcore-Kabaretts.

Die drei Künstler Matthias Tretter, Claus von Wagner und Philipp Weber verstehen sich als eine Art Gegenbewegung zum üblichen Kabarettgeschehen, haben sich aber dennoch dem politischen Kabarett verschrieben, in dem durchaus einschlägige Namen des öffentlichen Lebens fallen dürfen.

Die drei jungen Männer, mit einem Vorleben als erfolgreiche Solokabarettisten, wurden im Jahr 2004 von ihrer gemeinsamen Agentur angeregt, sich zum Ersten deutschen Zwangsensemble zusammenzuschließen. Nach anfänglichen Zweifeln an der Sinnhaftigkeit dieses Unterfangens und nach dem ersten Beschnuppern ist tatsächlich die Produktion "Mach drei", ein von der Form her klassisches Nummernkabarett, entstanden.

Jeder brachte zunächst Teile des eigenen Soloprogramms ein, dann wurde die einzelnen Nummern wieder umgearbeitet, die Texte vielfach neu geschrieben, bis alle drei mit dem Ergebnis zufrieden waren. Entstanden sind freche, scharf formulierte und vielfach politisch nicht korrekte Miniaturen, Sketches, Conferencen und Analysen der gesellschaftlichen Realität. Das Erste Deutschen Zwangsensemble hat mit diesem Programm für Deutschland den Salzburger Stier 2007 gewonnen.

Jung und wild

Böse Zungen sagen, die drei seien die erste "gecastete kabarettistische Boygroup". Gewiss aber ist, dass die drei jungen Künstler - der älteste ist 35 Jahre alt - der älteren Kabarettgeneration und vor allem dem Genre Comedy den Kampf angesagt haben. Sie verstehen sich zwar nicht als kabarettistische Vatermörder, wollen aber mit dem, was sie "Hardcore-Kabarett" nennen, durchaus neue Wege beschreiten und das eingefleischte Kabarettpublikum verstören.

Manchmal merkt man richtig, dass dem Publikum für Momente der Atem stockt; mit so viel Frechheit und Respektlosigkeit hat so mancher im Publikum nicht gerechnet. Matthias Tretter, Claus von Wagner und Philipp Weber alias das Erste deutsche Zwangsensemble, wollen in keine Schublade passen.

Lieblingsplatz zwischen den Stühlen

Sie streben an, weder dem klassischen Kabarett zugerechnet zu werden, noch der Comedy. Allerdings haben sie auch keine Scheu, sich bei den unterschiedlichsten Genres zu bedienen. Berührungsängste kennen sie nicht. Sie nützen alle komischen Mittel als Material für ihren zynischen Blick auf die Welt.

Sie setzen sogar - wenn es sein muss - auch Sombreros auf und ziehen sich Ponchos an, um über das Schicksal von drei überangepassten peruanischen Immigranten ebenso wie die Einwanderungspolitik der europäischen Regierungen ad absurdum zu führen.

Die Produktion "Mach drei" des Ersten Deutschen Zwangsensembles ist erfrischend widerborstig, von Sketch zu Sketch muss mit neuen Volten gerechnet werden. Nichts und niemand ist den drei Kabarettisten heilig. Das mag sein, dass die drei in Bayern - einer, wie sie selbst sagen, höchst repressiven Umgebung, aufgewachsenen sind.

Niemand ist nach so einer Sozialisation, zwischen Obrigkeitshörigkeit und Feindbildlosigkeit in der eigenen Familie, vor ihrem Spott sicher. Schon gar nicht ihre deutschen Mitbürger, an denen das Erste Deutsche Zwangsensemble kein gutes Haar lässt - egal welcher Gruppierung und Gesellschaftsschicht sie angehören mögen.

Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 9. August 2009, 22:05 Uhr

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