Erfolg in Wien

Startenor Roberto Alagna im Interview

An der Seite von Anna Netrebko feierte Roberto Alagna heuer einen Erfolg als Des Grieux in der Wiener Staatsoper. Davor hatte sich Alagna im Haus am Ring rar gemacht: Zehn Jahre lang musste die Fangemeinde auf einen Auftritt des Tenors warten.

1997 war der letzte Auftritt von Roberto Alagna an der Wiener Staatsoper. Seither machte er sich in Wien rar. Jetzt ist er mit der Manon-Premiere im vergangenen März wieder an das Haus am Ring zurückgekehrt und feierte an der Seite von Anna Netrebko seinen verdienten Erfolg als Des Grieux.

Der 1963 in Frankreich geborene Tenor sizilianischer Abstammung kann auf eine beachtliche Karriere hinweisen. Der Gewinner des Pavarotti-Preises 1988 eroberte in kurzer Zeit die großen Opernbühnen bis hin zur Scala di Milano. 1992 debütierte er in Wien als Nemorino im Liebestrank.

"Es war nicht meine Schuld, dass ich nun zehn Jahre nicht in Wien gesungen habe. Es ist am Theater so wie in einer Familie, manchmal verträgt man sich und manchmal streitet man. So war das auch mit Direktor Holender, den ich sehr schätze. Ich sollte in einer Romeo-Produktion singen, die mir aber missfallen hat. Er sagte: OK, ich akzeptiere das, aber dann sehen wir dich hier nicht wieder. Aber jetzt hat er gesagt, dass er sehr froh ist, mich wieder hier zu haben und möchte mich für weitere Produktionen engagieren."

Vom Nemorino zu Manrico

Robert Alagna begann als lyrischer Tenor und entwickelte sich bis ins Heldenfach des Manrico und des Radames. In absehbarer Zeit plant er auch, den Otello zu singen.

"Meine Stimme hat sich nicht verändert. Früher war es auch so, dass die Tenöre alles gesungen haben. Ich denke da an Caruso, Gigli oder Tito Schipa. Die haben alles mit ihrer Stimme gesungen. Wenn ich nur ein ganz enges Fach singe, wird es für das Publikum und auch für mich langweilig. Ich möchte viele Sachen machen, um Abwechslung hinein zu bringen. Wir Sänger sind auch Schauspieler, die neue Farben in eine Rolle einbringen."

Mit Gheorghiu als Markenzeichen der Oper
Über seine Frau Frau Angela Gheorghiu meint er: "Wir haben zehn Jahre gemeinsam gesungen. Dies war glaube ich ein Rekord. Das hat mir schon sehr gefallen. Ein Künstlerpaar, das miteinander auftritt und auch gemeinsam lebt. Freunde haben uns aber gewarnt, dass wir nicht zuviel gemeinsam machen sollten. Daraufhin sind wir auch getrennt aufgetreten. Aber ich glaube, das Publikum will uns gemeinsam auf der Bühne sehen. Und wir werden auch wieder gemeinsam auftreten und ich freue mich schon sehr darauf, denn für mich ist es sehr schwer, ohne Angela zu sein."

Abgang von der Bühne der Scala

Bei der Eröffnung der Scala im Dezember vergangenen Jahres sang Robert Alagna den Radames in Aida und verließ bei der zweiten Vorstellung nach seiner Arie die Bühne. Der Skandal war perfekt und beschäftigte tagelang die Medien.

"Die Scala ist ein wunderbares Theater und ich habe dort sehr viel gesungen. Dann gab es den Direktionswechsel. Man wollte nicht mehr Riccardo Muti, sondern setzte Lissner ein. Nach zehn Jahren Abwesenheit von Mailand, da ich mich mit Muti nicht verstanden hatte, sollte ich den Radames singen. Die Proben verliefen sehr gut, aber es gab immer wieder schon im Vorfeld Drohanrufe. Das hatte auch mit dem politischen Wechsel in der Regierung Italiens zu tun. Alle wussten also, dass irgendetwas passieren würde. Bei der Premiere wollte ein Teil des Publikums zeigen, das die neue Direktion nicht so gut sei wie die alte unter Muti und wollte mich ausbuhen, wenn ich eine Schwäche zeigen sollte. Das gelang ihnen aber nicht, denn ich zeigte keine Schwäche."

In der zweiten Vorstellung habe man schon Buh-Rufe vernommen, noch ehe Alagna den Mund aufgemacht habe: "Nach der Arie gab es Applaus und auch Buhs. Dann habe ich einen Moment der Unterzuckerung gehabt, denn ich leide unter Diabetes. Ich wollte von der Bühne gehen, um etwas dagegen zu unternehmen. Da gab es Missfallenskundgebungen im Publikum. Eigentlich wollte ich draußen ein Glas Zuckerwasser trinken und wieder hinausgehen und weitermachen, aber die Direktion geriet in Panik und schickte sofort einen Ersatz-Radames auf die Bühne, niemand kümmerte sich um mich und ich war der Buhmann. Ich glaube, das war alles vorbereitet, aber das Publikum war eigentlich nicht gegen mich, sondern wollte der Direktion Lissner einen Denkzettel verpassen. Aber warum beleidigt man einen Künstler, der auf der Bühne sein Bestes gibt in einer derartigen Weise?"

Hör-Tipp
Apropos Oper, Sonntag, 7. Oktober 2007, 15:06 Uhr

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