"Das Schiff ist immer noch gut in Fahrt"

25 Jahre Tote Hosen

Vor einem Vierteljahrhundert wurde die Punkband Die Toten Hosen gegründet. In den letzten zwei Jahren haben sie das Plattenregal abgestaubt und legen ihr Gesamtwerk in überarbeiteter Fassung vor. Und auch die nächste Tournee steht vor der Tür.

1982 wurden die Toten Hosen in Düsseldorf gegründet. 25 Jahre später erscheinen nun 17 Alben der Punkrockgruppe in überarbeiteter Form - neu abgemischt, mit Bonustracks angereichert und in aufwendigen Verpackungen. Das Gesamtwerk seiner Band sei "nicht das Peinlichste auf der Welt", wie Sänger Campino jüngst im Interview mit der APA zufrieden meinte. "Ein rundes Paket, das sein Geld wert ist", habe man schnüren wollen. Trotz des gelungenen Rückblicks schauen die Hosen "schon wieder vorwärts". Nächstes Jahr startet eine Tournee, an frischem Material wird gearbeitet.

"Es sind noch alle Mann an Bord, das Schiff sticht wieder in See und es ist noch in guter Fahrt", beschrieb Campino den Zustand seiner Band, die zuletzt eine zweijährige Pause eingelegt hat. Diese Auszeit wurde genutzt, um die alten Bänder zu remastern. Das Ergebnis sei "eine schöne Zeitreise" geworden, betonte der 45-Jährige mit bürgerlichem Namen Andreas Frege. "Wir wussten immer, dass wir irgendwann unsere frühen Platten entstauben würden. Man hört den Gegensatz ganz krass. Es ist eine Freude, wie 'Opel-Gang' jetzt aus den Boxen springt."

"Opel-Gang", erschienen 1982, als Helmut Kohl deutscher Bundeskanzler wurde und Italien im Finale der Fußball-WM Deutschland mit drei zu eins besiegte, setzte den Startpunkt einer imposanten Karriere, die 2005 sogar ins Wiener Burgtheater führte (der Mitschnitt der Unplugged-Show wurde unter dem Titel "Nur zu Besuch" auf DVD und CD herausgebracht).

Paket für Hardcore-Fans

Die 17 aufpolierten Alben bestechen nicht nur im Sound, sondern bieten zahlreiche zusätzliche Songs, manche davon sonst kaum mehr aufzustöbernde Raritäten, und jeweils zwei Booklets - das originale und ein neues mit Hintergrundinformationen und Interviews zu den jeweiligen Produkten (geführt vom Autor und Hosen-Intimus Jan Weiler).

Ein Relaunch sei "wie eine Biografie. Da darf man nichts auslassen." Selbst die EP "Battle Of The Bands" (1984), als Soundtrack zum Film "Formel Eins" und als Persiflage gedacht, wurde in den Bonusteil der Jubiläumsedition der Platte "Unter falscher Flagge" (1984) gepackt. "Da fragt man sich nur, wie wir das überlebt haben", schmunzelte Campino im Gedanken an dieses eher skurrile Stück Hosen-Geschichte.

Wir fühlten uns als Antihelden

"Am Anfang waren wir die Antipode zu Popstars. Nach dem Motto: Wir machen Krach und haben Spaß. Wir fühlten uns als Antihelden", sagt Campino, "dann wurden wir bekannter und erfolgsverwöhnt, so dass durchaus die Gefahr bestand, zu Idioten zu mutieren.

Nach einer "Haudrauf-Phase" (Campino) musste sich die Band nach Erscheinen von "Damenwahl" (1986) erstmals an einer Frage den Kopf zerbrechen: "Wie viel Erfolg darf eine Punkband eigentlich haben?" Der Sänger weiter: "Nach der 'Horrorshow' wurden wir plötzlich als Rockband ernst genommen. 'Kreuzzug' war unsere erste Nummer eins. Bands wie die Rolling Stones wollten uns als Support. Wir wussten gar nicht, wie ein Punkband damit umgehen sollte, plötzlich an der Spitze der Charts zu stehen."

Darum sei die Gruppe nach London geflogen, um dort mit ihren Punk-Helden gemeinsam Songs aufzunehmen. Das Resultat hieß "Learning English Lesson 1" (1991). "Das war eine Taktik, um Zeit zu gewinnen", berichtete Campino. "Dann kam die glücklichste Zeit, in der uns alles gelungen ist. Bis 1997: Das 1.000. Konzert als Riesen-Katastrophe." Ein 16-jähriges Mädchen starb im Gedränge.

Bekenntnis zur Professionalisierung
Auf den Unterschied zwischen der Gegenwart und vor 25 Jahren angesprochen, sagte der 45-Jährige: "Heute ist nicht mehr alles so zwanghaft und aus einer Pose heraus. Wir waren am Anfang ganz unsichere Jungs, die sich wie eine Jugendbande benahmen. Wir müssen uns heute nicht mehr vormachen, was für klasse Kerle wir sind. Heute habe ich außerdem den Mut, zuzugeben, dass wir Profis sind. Das war mir früher peinlich."

Etwas ist über die Dekaden konstant geblieben: Die Toten Hosen verbindet mehr als der Beruf. "Wir freuen uns, zwischendurch Urlaub mit anderen Freunden zu machen. Aber es kommt immer noch vor, dass wir zusammen verreisen. Wir gehen jährlich Skifahren - ohne Gruppenzwang. Wir funktionieren nicht als Einzelgänger, wir sind ein Team. Ein Solo-Album wird es von mir daher nie geben. Wozu? Ich kann mich in der Band vollkommen selbstverwirklichen. Ich bin ein absoluter Teamspieler."

Während Campino noch Werbung für die Jubiläumsedition von 17 Hosen-Klassikern macht, wird bereits an der nächsten CD gearbeitet. 2008 zieht es die Hosen im Rahmen einer Tournee wieder nach Wien. Karten für das Gastspiel am 12. Dezember in der Stadthalle sind ab 1. Dezember 2007 erhältlich. Auch nach all den ganzen Jahren freut sich der Sänger auf die Konzertreise: "Es ist immer noch total schön, nach einem Auftritt in den Bus zu steigen, in eine andere Stadt zu fahren. Ich bin dann mit Menschen zusammen, mit denen ich bereits mein halbes Leben verbracht habe. Da kommt ein Riesen-Glücksgefühl auf."

Mehr zu Campinos Ausflug in Brechts "Dreigroschenoper" in oe1.ORF.at

Link
Die Toten Hosen