Olaf Metzels "Turkish Delight"

Skulptur in Wien Opfer von Vandalen

Eine nackte Frau mit Kopftuch zeigt die Arbeit "Turkish Delight" des deutschen Bildhauers Olaf Metzel. Die lebensgroße Skulptur vor dem project space der Kunsthalle Wien wurde nun zum zweiten Mal Opfer eines Vandalenaktes und dabei beschädigt.

Wenig Freude hat die "Turkish Delight" genannte Skulptur vor dem project space der Kunsthalle Wien offenbar so manchem gemacht: Am Wochenende wurde das Werk, das eine nur mit einem Kopftuch bekleidete lebensgroße Frau darstellt, bereits zum zweiten Mal Opfer eines Vandalenaktes und dabei beschädigt. Der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) spricht in einer Aussendung von einem "Angriff auf die Freiheit der Kunst".

Kunsthallen-Chef Gerald Matt sagte am Dienstagnachmittag zur APA, dass "mit der Zerstörung der Skulptur die dahinter liegende Idee nicht zerstört wurde", und stellte Debatten mit Kritikern in Aussicht.

Kritische Artikel in türkischen Medien

Die am 9. November im öffentlichen Raum aufgestellte Skulptur von Olaf Metzel wurde in der Nacht auf Sonntag von zwei Unbekannten von ihrem Sockel gerissen, wie ein Überwachungsvideo zeigt. Zuvor hatte es starke Beschwerden und auch zahlreiche kritische Artikel in türkischen Medien gegeben, die unter anderem auf die Verletzung religiöser Gefühle durch die nackte Frau mit Kopftuch Bezug nahmen. Es sei keineswegs klar, ob die Skulptur von in Wien lebenden Türken beschädigt worden sei, betonte Matt.

Nun sei zu überlegen, ob die Skulptur, entsprechend den Wünschen des Künstlers, wieder aufgestellt wird. "Es hat sich gezeigt, dass diese Skulptur im öffentlichen Raum nicht geschützt werden kann", sagte Matt. Dass bei endgültiger Entfernung der Skulptur die Gegner einen "Erfolg" verbuchen könnten, fürchtet Matt nicht. Vorerst wolle man die Skulptur restaurieren und am Ort des Geschehens, dem Karlsplatz, Information zugänglich machen.

Diskussionen und Debatten angekündigt

Man habe "tiefen Respekt vor der Meinung Andersdenkender" und auch vor religiösen Gefühlen, eine Debatte dürfe jedoch nicht mit Gewalt geführt werden, sagte Matt. Daher werde es im project space Diskussionen und Debatten geben, bei denen auch die Kritiker zu Wort kommen können, so Matt. "Die Debatte ist nicht zu Ende, sie beginnt erst." So werde unter anderem die Ausstellung "Mahrem - Die Kunst der Verschleierung" (24. Jänner 2007 bis 16. März 2008) von einer Eröffnungsdebatte am Mittwoch, 23. Jänner eingeleitet.

Die Skulptur, die durchaus in der kunstgeschichtlichen Tradition stehe, solle die Kopftuchdebatte thematisieren sowie die eingeschränkte Verfügungsgewalt von Frauen über ihren eigenen Körper. "Kunst ist keine Behübschung" und "irritiert immer", betonte Matt. Mit so einer heftigen Reaktion müsse man jedoch nicht rechnen.

Matt verweist auf positive Stimmen

Die Türkei sei kein verstocktes, sondern ein offenes Land, es habe dort durchaus auch positive Stimmen gegeben, betonte Matt, der auch auf heimische Debatten etwa zu Hermann Nitsch verwies. Wie sehr Kunst in Österreich aufregen kann, zeigten zuletzt die vor zwei Jahren umstrittenen Plakate der Gedenkjahr-Projektreihe "25 peaces", bei denen die Aufnahme einer nur mit einer EU-beflaggten Unterhose bekleideten Frau wochenlang für hitzige Debatten in den Medien sorgte. Auch Gerhard Haderers "Jesus"-Buch echauffierte die Österreicher.

"Auf das schärfste" verurteilte Mailath-Pokorny die Beschädigung der Statue. "Gewalt, Aggression und Zerstörung sind mit Sicherheit keine adäquaten Mittel der Auseinandersetzung."

Glaubensgemeinschaft für Gelassenheit

Für "mehr Gelassenheit" bei der muslimischen Bevölkerung sprach sich der Integrationsbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Omar Al-Rawi, in Zusammenhang mit dem Vandalenakt an einer Skulptur am Wiener Karlsplatz aus. Er wünsche sich, dass sich die Muslime "nicht von allem so leicht provozieren" lassen, so Omar Al-Rawi in einer Aussendung. Die Beschädigung der Statue einer nackten Frau mit Kopftuch habe bei ihm "tiefes Bedauern" ausgelöst.

"Vandalismus und Zerstörung sind keine Lösung in einem Rechtsstaat", so der SP-Gemeinderat. Aus der türkischen Gemeinde sei ihm zwar "Unmut und Verletztheit über das Werk" zugetragen worden, doch sei man einig gewesen, dass "der gesellschaftliche Konsens, in dem wir leben, auch weiter für alle gilt." Und "viele Mitglieder der türkischen Gemeinde, haben mir auch ihre Empörung über die jetzige Entwicklung mitgeteilt."

Skulptur als sozialer Eingriff

Mit seinen provokanten bildhauerischen Arbeiten hat Metzel, der 1952 in Berlin geboren wurde und heute in München lebt, immer wieder neue Impulse gesetzt. Metzel versteht Skulptur als sozialen Eingriff. Gezielt verfolge er mit seiner Kunst die "Strategie des Störens", sagte Metzel einmal, der Skandale mit Kunstobjekten im öffentlichen Raum inszeniert.