Variantenreiche Unterhaltung

"Grätznfest" mit Viktor Gernot

Eine "Grätzn" ist in Wien ein Dialektwort für Lauser, Gauner, Spötter - eben a Grätzn. Ein Grätzlfest ist eine Bezirksfeierlichkeit oder auch die Party einer Kommune. Und das "Grätznfest" ist der Titel des aktuellen Kabarettsolos von Viktor Gernot.

A schiacher Frosch

Die sogenannte Grätzn und ihre facettenreiche Erscheinungsform haben Viktor Gernot dazu inspiriert, diesem - was den Sprachgebrauch betrifft - eher ostösterreichischem Phänomen sein aktuelles Solo zu widmen. Medienverirrungen, Modetorheiten, Missverständnisse im komplizierten Beziehungsgeflecht zwischen Mann und Frau und ganz simple Alltagsärgernisse hat der Entertainer und Kabarettist als Ausgangsbasis für seine humoristischen Abhandlungen gewählt. So kombiniert er Geschichten, die alle auf ihre Weise die Strategien der Grätzn entlarven sollen, und Songs zu einem sehr abwechslungsreichen Programm - oder, wie Viktor Gernot es selbst formuliert, zum "Grätznfest".

"Ich denke das Wort Grätzn ruft die Assoziation mit einer unangenehmen Person - so ähnlich hat das schon Peter Wehle beschrieben. Es ist ein sehr ostösterreichisches Phänomen und der Wiener wird am ehesten damit verbunden", meint Viktor Gernot. "Ich bin seit 20 Jahren Beutewiener und verwende das Wort selbst oft, jetzt habe ich es zum Programm gemacht. Ich glaube, der Umstand, dass jemandem gerade übel mitgespielt wird und er merkt es nicht, das ist grätznhaft." So viel zur Begriffsbestimmung und zur eigenen Positionierung.

Viktor Gernot hat für sein Grätznfest keine Mühen gescheut. Zum einen verleiht er im Laufe seines Programms den unterschiedlichsten Anschauungssubjekten imaginäre Stimme und Gestalt, zum andern setzt er sich mit dem Phänomen der Grätzn auch sehr differenziert auseinander.

Vergessen sie Lehre und Berufsschule

Viktor Gernot hat in seiner bisherigen Laufbahn schon einiges auf die Bühne oder vor die Kamera gebracht. Ob als TV-Moderator, als Conferencier im Kabarett Simpl, als Mitstreiter im Ensemble der "Hektiker" oder im Rateteam von Oliver Baiers Comedy-Format "Was gibt es Neues", Viktor Gernot bewies stets Talent zur Vielseitigkeit. Künstlerisch kommt er ursprünglich vom Musical, ein Genre, das er mittlerweile hinter sich gelassen hat. Seine Erinnerung an die Jahre der Ausbildung und an die ersten Bühnenerfahrungen gehen so gar nicht mit dem konform, was er in so mancher der im deutschen Sprachraum so populär gemachten Casting-Show gesehen hat. Und das will er in seinem Programm auch festgehalten wissen.

"Ich habe wirklich ein Problem mit Casting-Shows", so Gernot. "Turniertänzer oder Sänger in einem Musical - das sind Berufe! Die Grundlage dafür ist harte Arbeit, ist eine Ausbildung. Wenn die Jury jemanden hinauswählt oder nicht, welche Kriterien gelten da? Ob jemand ein nettes Gesicht hat? Mit den Casting-Shows wurde auch ein Tabubruch begangen: Bis zu diesem Zeitpunkt brachte man in unserer Branche etwas zur Aufführung, wenn es fertig war. Ich lasse mir doch nicht beim Prozess der Entstehung zuschauen. Manchmal geht man eh zu früh mit einem Programm auf die Bühne, das ist schlimm genug. Wenn aber jemand der Blutblutschweiß herunterrinnt, weil er es nicht kann - da zuzuschauen ist nicht meine Art der Unterhaltung. Ich schaue es mir manchmal an, damit ich im Programm Scherze darüber machen kann, Casting-Shows haben Freakshow-Potenz, aber super finde ich das gar nicht. Was wird das Nächste sein? Die ultimative Tischler-Casting-Show? Vergessen Sie Lehre und Berufsschule und werden sie unser Tischler-Star?"

Der Frauenversteher

Wenn Viktor Gernot zum Grätznfest lädt, dann tauchen in seinen Szenarien auch immer wieder Geschichten aus dem Leben des Erzählers auf. Zum Beispiel seine Umgangformen mit den Frauen seines jeweiligen Lebensabschnitts. Das sind Geschichten, deren Wahrheitsgehalt ungewiss ist und es auf Wunsch des Künstlers auch bleiben soll, denn eines hat der Kabarettist in seinen Jahren auf der Kleinkunstbühne gelernt: Man lässt sich als Autor und Interpret einfach nicht in die Karten schauen.

"Ich bin ein aufgewachsener Macho und ein erzwungen zivilisierter Frauenversteher", lautet Gernots Selbsteinschätzung, "und diese gespaltene Haltung versuche ich auf die Bühne zu bringen (lacht). Manchmal freut man sich bei dieser Übung über entlarvende Lacher im Publikum. Im Leben findet die Kommunikation ja beim Empfänger statt - in der Kleinkunst sage ich: Es ist nicht meine Aufgabe, darauf zu achten, was die Leute aus meiner Satire raushören wollen. Auf der Bühne überhöht man Sachen und es wird oft nicht zur Kenntnis genommen, dass da oben eine Kunstfigur steht. Das sagt zwar der Gernot und er hat es auch geschrieben, er ist es aber nicht. Das ist Satire - und die ist eine Kunstform und heilig."

Ein würdiges Grätznfest

Interessiert ist Viktor Gernot auch daran, sein Publikum mit auf eine ganz persönliche Reise durch seinen Mikrokosmos zu führen. Dabei gestattet sich der Kabarettist, auch in Bereiche vorzudringen, die jetzt nicht zwingend die großen Themen des Lebens abhandeln. Und gerade in diesen Szenen vermag Viktor Gernot sehr nachhaltig zu vermitteln, wie sehr die vordergründig unwichtigen Dinge des Lebens aufregen können.

Viktor Gernot hat mit seinem "Grätznfest" ein sehr vergnügliches Potpourri aus Geschichten und Parodien, Liedern und Stimmungen zusammengestellt. Die Conferencen, stets im charmanten Plauderton gehalten, könnten gelegentlich etwas mehr formale Strenge vertragen. Doch Viktor Gernot weiß im "Grätznfest" auch seine Stärken entsprechend einzusetzen. Und eine davon ist sein handwerkliches Können, das ihm auf der Bühne die unterschiedlichsten Formen der Improvisation ermöglicht. Viktor Gernot nützt Stimme, Sprache und Gesang, um sein Grätznfest zu einer heiteren Feier werden zu lassen, bei der nie des Künstlers Anspruch auf variantenreiche Unterhaltung aus dem Auge verloren wird.

Service

Eine Veranstaltung live aus der Bühne im Hof mit Unterstützung von Wien Energie

Viktor Gernot
Bühne im Hof
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