Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit

Suchterkrankungen - Teil 2

Letzte Woche haben wir uns mit den Substanz ungebundenen Süchten, also der Kauf-, Spiel-, Computersucht etc., beschäftigt. Diesmal wollen wir uns ausführlich der Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit widmen. Die Fallzahlen sind erschreckend.

Wenn von Sucht die Rede ist, werden damit meist verbotene Substanzen wie Heroin und Kokain assoziiert. Von diesen harten Drogen sind in Österreich ungefähr 30.000 Menschen abhängig. Weit mehr Suchtkranke gibt es allerdings bei den "legalen Drogen": In Österreich sind etwa 330.000 Menschen alkoholkrank. Ein Drittel der erwachsenen Männer und ein Fünftel der erwachsenen Frauen konsumieren Alkohol in gesundheitsschädigendem Ausmaß. Darüber hinaus sind ungefähr 100.000 Menschen medikamentenabhängig. Die Dunkelziffer dürfte hier besonders hoch sein - nicht umsonst spricht man von der "verborgenen Sucht".

Wie Abhängigkeit entsteht
Für die Entstehung und den Verlauf einer Suchterkrankung ist immer das Zusammenspiel verschiedener Faktoren ausschlaggebend. Der Charakter der Sucht hängt von der Substanz selbst, von ihrer Wirkungsweise, ihrer Verfügbarkeit und davon ab, wie schnell man von ihr abhängig wird - psychisch, physisch oder beides. Außerdem spielen die jeweilige Persönlichkeit, erbliche Faktoren und das soziale Umfeld eine große Rolle.

Die biologischen Vorgänge sind bei allen Suchtformen ähnlich: Das Suchtmittel löst im Gehirn die Ausschüttung von Dopamin und damit ein Glücksgefühl aus. Dieser Botenstoff des so genannten Belohnungssystems spielt eine Schlüsselrolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von allen Suchtformen. Wichtige gemeinsame Merkmale jeden süchtigen Verhaltens sind die Gier nach der Substanz, die Toleranzentwicklung, der Kontrollverlust und die körperliche Abhängigkeit. Letztere führt zur Entzugssymptomatik, wenn das Suchtmittel abgesetzt wird.

Vier Typen der Alkoholsucht

Die Einteilung der Alkoholkranken in vier Untergruppen nach Lesch - benannt nach unserem Sendungsgast - stellt eine Voraussetzung für die fachgerechte Therapie dar. Denn für jeden dieser Alkoholismustypen gibt es eine maßgeschneiderte Therapie.

Während bei der Gruppe I nach Lesch die Entzugssymptomatik im Vordergrund steht und deshalb der Entzug unbedingt stationär erfolgen muss, kann die Gruppe II den Entzug im Allgemeinen auch ambulant durchführen. Bei Gruppe III und IV ist die Entzugssymptomatik milder - dennoch ist auch hier ein stationärer Aufenthalt während des Entzugs vorgesehen.

Die Behandlung
Entsprechend unterschiedlich ist auch die Therapie in den jeweiligen Gruppen. Bei Patienten der Gruppe I müssen vorrangig die Symptome des Entzugs behandelt werden. Bei Gruppe II und III liegt der Alkoholsucht meist eine psychiatrische Erkrankung zugrunde, der mit entsprechenden Medikamenten und psychotherapeutischen Maßnahmen Rechnung getragen werden sollte. Für Gruppe IV ist eine intensive psychosoziale Betreuung das Ziel, denn diesen Menschen fehlt es vor allem an Halt im Leben. Absolute Abstinenz wird nur noch Typ I-Patienten abverlangt. Denn auch nur ein Tropfen Alkohol legt den Schalter bei ihnen wieder um.

Medikamentenabhängigkeit - Die "stille Sucht"
Medikamentenabhängigkeit gibt es in allen sozialen Schichten. Soziale Schwierigkeiten wie Arbeitslosigkeit oder Partnerprobleme, aber auch psychische Erkrankungen spielen häufig eine wichtige Rolle bei der Entstehung. Die wichtigsten Substanzen, die zur Abhängigkeit führen können, sind Schmerzmittel, Beruhigungs- und Schlafmittel. Die Übergänge eines Medikamentenmissbrauchs zur Sucht sind fließend - Frauen sind besonders häufig davon betroffen. Einige der Medikamente mit Suchtpotential sind frei verkäuflich, die meisten aber rezeptpflichtig. Von den am häufigsten verschriebenen Medikamenten haben etwa sechs bis acht Prozent ein zum Teil hohes Suchtpotential. Das bedeutet: Arzneimittelabhängigkeit kann durchaus in der Arztpraxis beginnen.

Diskutieren Sie mit!
Wenn Sie Fragen haben oder von Ihren eigenen Erfahrungen berichten möchten, dann rufen Sie während der Sendung unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 22 6979 an, oder posten Sie hier.

  • Gibt es in Ihrem Umfeld jemanden, der möglicherweise gefährdet ist, alkoholsüchtig oder medikamentenabhängig zu werden?
  • Wie gehen Sie damit um?
  • Haben Sie vielleicht selbst eine erfolgreiche Therapie hinter sich?
  • Was könnte man Ihrer Meinung nach tun, um das Problem Alkohol in unserer Gesellschaft in den Griff zu bekommen?
Nach der Sendung beantworten Ao. Univ.-Prof. Dr. Michael-Otto Lesch bis zirka 15:15 Uhr ihre Postings.

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Hör-Tipp
Radio Doktor, Montag, 14. Jänner 2008, 14:20 Uhr