Über die Filmmagie und andere Probleme

Die Zaubereien des Emir Kusturica

In der serbischen Stadt Drvengrad ("Holzstadt") findet diese Woche ein Filmfestival statt. In der Zeit der unzähligen Festivals nichts Besonderes, wäre der Initiator des Festivals nicht der berühmte Filmregisseur Emir Kusturica.

Das Festival wurde unter dem Titel "Friedhof der schlechten Filme" feierlich vom serbischen Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica eröffnet. Er wünsche in seiner Eröffnungsrede dem neuen Festival des Autorenfilms, das als "Kustendorf" benannt wurde "eine lange und erfolgreiche Dauer".

Einleuchtend und fast poetisch sagte er, dass der Ort, wo diese neue Festlichkeit stattfindet, früher nur eine verschneite Waldlichtung war. "Jetzt ist hier Drvengrad, die jüngste Stadt in Serbien und auch eine Stadt, die an sich noch dazu ein Kunstwerk von Emir Kusturica ist".

Eine Utopie

"Drvengrad", "Küstendorf" oder "Kustendorf" ist ein "Ethno-Dorf", das der Filmregisseur Emir Kusturica, Spitzname "Kusto", nach einer Filmproduktion in dieser Gegend, bezaubert von der wunderschönen Natur, mit dem Ziel, "junge Regisseure auszubilden und biologische Landwirtschaft zu betreiben", aufgebaut hat. Die jüngste Stadt oder das jüngste Dorf Serbiens befindet sich an der serbisch-bosnischen Grenze und scheint auf serbische Politiker eine große Anziehungskraft auszuüben.

Der serbischen Präsident Boris Tadic hat sogar Bundespräsident Heinz Fischer bei seinem ersten offiziellen Besuch in Serbien im Juli 2005 nach Drvengrad geführt. Dort haben die hohen Gäste mit Kusturica zu Mittag gegessen.

Die Dorf-Stadt hat inzwischen eine orthodoxe Kirche im Stil der alten russischen Holzkirchen erbaut, einige Gastwirtschaften, Kusturicas Wohnhaus mit Schwimmbad und einer Bibliothek, ein unterirdisches Kino, ein Galerie, Läden und, und, und... Kurz gesagt: eine Idylle (für die man Eintrittskarten lösen muss).

Das Ende des schlechten Films

Emir Kusturica hat mit einem "Begräbnis des schlechten Films" sein Festival symbolisch eröffnet. Als Opfer für gute Filme wurde die vierte Staffel von "Die hard - Stirb langsam" beigesetzt. Nach medialen Berichten konnte man nicht erahnen, warum gerade dieser Film für die Zukunft des Kinos geopfert wurde, aber ein Meister der Inszenierung, der Kusturica sicher ist, hat eine Trauerrede vor den Anwesenden gehalten, begleitet von seiner Band "No smoking orchestra" und der Gruppe "Vrelo - Die Quelle".

Die Eier

Das Festival ist von Kusturica als Workshop und ein Treffen der jungen Filmautoren erdacht worden. Im Bewerb um das bronzene, silberne und goldene Ei nehmen Filme von Studenten aus zwölf Ländern teil. Das "Ei" als Preiskrönung sollte wahrscheinlich den neuen Anfang (des Films) unter Kusturica symbolisieren.

Dass das alles sehr seriös gedacht ist, kann man schon anhand der beteiligten Namen sehen: Jurypräsidenten ist Peter Handke, und der spezielle Gast dieses Filmtreffens ist der berühmte russische Regisseur Nikita Sergeyevich Mikhalkov.

Die Widerspiegelung der Wirklichkeit
Wie der schon erwähnte Premier Kustunica in seinem poetischen Stil sagte: "Dieses Festival ist eine wahrhafte Widerspielung jener Filme, in welchen eine visuelle Idee in eine greifbare Wirklichkeit umgegossen wurde." Hier passt alles. Es geht um Jugendliche und selbstverständlich um ihre bessere Zukunft, um gute Filme, es geht um traditionelle Werte, die durch diese Dorf-Stadt, die aus dem Naturmaterial Holz gebaut wurde, verkörpert werden.

Man fragt man sich aber, ob es hier nur um Film geht. Ohne die filmische Kompetenz von Mikhalkov und Handke in Frage zu stellen, kann man bemerken, dass die beiden durch sehr starke politische Aktivitäten und Äußerungen in Sachen der serbischen Bemühungen um den Kosovo hervorgetreten sind. Handke ist als Freund der "serbischen Sache" schon bekannt und Mikhalkov hat sich auch als Kämpfer in der Sache der Orthodoxie, die angeblich im Kosovo gefährdet ist, einen Namen gemacht.

Die Hoffnungen
Bleibt zu hoffen, dass der Termin des Festivals nichts mit der aktuellen politischen Lage in Serbien zu tun hat. Serbien steht vor Parlamentwahlen und man ist sehr auf die endgültige Lösung des Problems dieser noch immer serbischen Provinz gespannt. Man wünschte sich, dass diese Utopie in den Bergen nicht zu aktuellen politischen Zwecken benützt wird, dass die Magier der Filme und Worte sich weniger mit Politik beschäftigen und dass sie tatsächlich noch viele gute Filme und Bücher kreieren werden.

Kusturica hat gesagt, dass das Glück dieses Festivals im Treffen von "Großen" und von denen, die einmal "groß" sein werden, liegt. Wenn man "Kunst" wirklich so programmatisch erzeugen kann, dann sind fast alle Voraussetzungen für einen Erfolg in Drvengrad erfüllt.