Quereinsteiger als Testimonials

Image-Politik

Armin Wolf hat prominente Quereinsteiger aus allen politischen Lagern interviewt, er hat an die 50 führende Journalisten zum Thema befragt und mehrere Meinungsumfragen ausgewertet. Das Ergebnis: ein 400 Seiten starker Band, soeben erschienen.

Auch wenn man aus der österreichischen Kirchturmperspektive manchmal den Eindruck hat: Prominente Quereinsteiger ins Polit-Geschäft sind ganz und gar keine heimische Spezialität. Arnold Schwarzenegger und Cicciolina, Lilli Gruber und Dario Fo, Jose Saramago und Dolly Buster - sie alle haben sich mit mehr oder weniger Fortüne auch auf tagespolitischem Terrain versucht. Kein Wunder in einer Gesellschaft, die zunehmend auf eine Eventisierung aller Lebensbereiche setzt.

Ursache Imageproblem

Dass politische Parteien auch in Österreich immer öfter prominente Quereinsteiger an Bord holen - auch, aber nicht nur als PR-Gag in Wahlkampfzeiten - hat Armin Wolf zufolge einen einfachen Grund.

"Parteien haben ein dramatisches Imageproblem", meint er, "Feuerwehrleute genießen in Österreich das größte Vertrauen", am Ende der Liste stehen Autoverkäufer, Finanzberater, Fußballer, und ganz hinten Politiker. "Deshalb versuchen Sie, prominente Leute in die Politik zu holen und deren positives Image, wie bei einem Testimonial, auf die Partei zu übertragen."

Testimonial - Armin Wolf verwendet mit Bedacht einen Begriff aus der Werbesprache, denn vom PR-Standpunkt aus besteht kein Unterschied zwischen, sagen wir, Patrick Ortlieb, der 1999 für die FPÖ in den Wahlkampf gezogen ist, und dem Show-Blondschopf Thomas Gottschalk, der Reklame für Gummibärchen macht.

"Eine Partei ist was ganz, ganz Komplexes", so Wolf. "Da denkt man sich: Wenn der für die Partei steht, dann ist die Partei vielleicht nicht so übel. Genau das ist die Funktion."

Die meisten scheitern

Jörg Haider war es, der den Begriff "Quereinsteiger" zum ersten Mal verwendet hat, 1988 in einem TV-Interview, in dem er begründete, warum er einen damals weithin unbekannten Unternehmer zum FPÖ-Generalsekretär machte. Die FPÖ war in den 1990er Jahren die Quereinsteiger-Partei schlechthin. Das hatte Gründe. Zum einen fuhren Österreichs Rechtspopulisten einen Wahlsieg nach dem anderen ein und hatten entsprechend viele Mandate zu vergeben, zum anderen verfügte die Partei über einen relativ schmalen Funktionärsstamm, sodass kaum Grund für Eifersüchteleien und Rivalitäten bestand.

Während der Recherchen für sein Buch hat Armin Wolf mit eineinhalb Dutzend prominenten Quereinsteigern gesprochen, von eher erfolgreichen wie Ursula Stenzel und Ulli Sima, bis zu eher gescheiterten wie Peter Sichrovsky und Jutta Wochesländer. Sein Resümee: Prominente Quereinsteiger müssen nicht zwangsweise scheitern, sie scheitern aber relativ oft.

"Meine Grundthese ist ja, dass Quereinsteiger nicht geholt werden, um Politiker zu werden, sondern um die Wahl zu gewinnen", meint Wolf. "Dann gibt's zwei Möglichkeiten: Man wird zum traditionellen Politiker – siehe Franz Morak -, Möglichkeit zwei, man versucht, ein Quereinsteiger zu bleiben. Die meisten Quereinsteiger scheitern, ihnen fehlen die Netzwerke, der politische Alltag frustriert sie, im Parlament sind unbekannte Hinterbänkler wichtiger als sie. Oft ziehen sich diese Quereinsteiger frustriert selber zurück."

Das nicht!

Und Armin Wolf selbst? Im Moment scheint ihm sein Job im Fernsehen Spaß zu machen. Das kann sich ändern, auch wenn man's dem ZIB2-Anchorman nicht wünscht. Würde den TV-Journalisten in zehn, 15 Jahren vielleicht ein Job in der Politik reizen? Ein Ministeramt möglicherweise?

"Nachdem ich mich zwei Jahre wirklich intensiv mit dem Thema beschäftigt habe, weiß ich, ich könnte das einfach nicht", lehnt Wolf ab. "Und gescheiterte Quereinsteiger gibt's schon genug."

Hör-Tipp
Kontext, jeden Freitag, 9:05 Uhr

Buch-Tipp
Armin Wolf, "Image-Politik. Prominente Quereinsteiger als Testimonials der Politik", Nomos-Verlag