Die Geschichte eines Modeinstruments
Die Klangwelt der Trommel
In der Musik des Westens spielt die Trommel mit wenigen Ausnahmen eine untergeordnete Rolle. Doch in vielen Regionen der Welt sind Trommeln wichtige Instrumente. Sie werden in der Unterhaltungsmusik ebenso wie bei vielen Ritualen gespielt.
8. April 2017, 21:58
"Jeder Mensch trägt Rhythmen in sich, die Trommel erweckt sie zum Leben", sagt der aus Guinea stammende Djembe-Spieler Camin Lamara. "Trommeln sprechen, singen, erzählen denen Geschichten, die ihre Sprache verstehen."
In der Musik des Westens spielt die Trommel - mit einigen wenigen Ausnahmen - eine untergeordnete Rolle. Doch in vielen Regionen der Welt - in weiten Teilen Afrikas und Asiens - sind Trommeln seit jeher wichtige Instrumente. Sie werden in der Unterhaltungsmusik ebenso wie bei vielen Ritualen gespielt.
Rituale und Trancetechniken
In den letzten Jahrzehnten erfreuen sich Trommeln auch im Westen wachsender Beliebtheit, sei es die afrikanische Djembe, die indische Tabla oder die Rahmentrommel, die für schamanische Rituale und Trancetechniken verwendet wird. Für den Schamanen schlägt die Trommel den Herzschlag von Mutter Erde. Sie unterstützt und trägt ihn bei seinen spirituellen Reisen.
Die unterschiedlichen Trommeln haben ihre eigenen Geschichten und Mythologien. Die kelchförmige Djembe ist eine traditionelle Trommel der Malinke, die einst ein blühendes Reich in Westafrika hatten. Für einen guten Klang spielen die Holzart, das richtig abgestimmte Verhältnis zwischen Resonanzraum und Schallloch, die Wandstärke, der Umfang und vor allem das Fell eine Rolle.
Nur Fell weiblicher Ziegen
"Für eine authentische Djembe muss das Fell einer weiblichen Ziege verwendet werden, weil es sanfter und flexibler ist, das Fell eines Ziegenbocks trägt die männliche Aggressivität in sich und kann daher ein Ritual negativ beeinflussen", sagt Camin Lamara. Die Verbreitung der Djembe über die ganze Welt verdankt sich zu einem wesentlichen Teil dem "Djembefola" (Meistertrommler) Mamady Keita.
Zahlreiche Trommeln kommen aus Musikkulturen, die keine dem Westen vergleichbare Musiktheorie ausformuliert und verschriftlicht haben. Die Theorie ist dem Spiel implizit und wird mit der Spielpraxis von Lehrer zu Schüler weitergegeben.
Gesetzmäßigkeiten durchs Spielen lernen
Wer die Geschichten und Rhythmen diverser Trommeln wirklich verstehen und fühlen will, muss sie daher selbst lernen: Davon ist Gerd Grupe, Professor für Musikethnologie an der Universität Graz, überzeugt. Durch das eigene Spiel erlernt man die Gesetzmäßigkeiten, ohne sie abstrakt-theoretisch auszudrücken.
Den ehemaligen europäischen Kolonialherren in Afrika war dieser Gedanke noch fremd. Entsprechend abfällig und inkompetent lautete ihr Urteil über afrikanische Trommler: "Sie schlagen wild und zusammenhanglos auf ihre Trommeln ein. Aber irgendwie dürften sie sich gegenseitig doch verstehen."
Rhythmische Virtuosität
Wie Gesetzmäßigkeiten und Improvisation zusammenwirken und eine unglaubliche rhythmische Virtuosität erschaffen, blieb dem fremden Ohr verborgen. Die enorme Lebenskraft und Lebenslust, die sich in der Trommelmusik offenbart, dürfte nicht wenigen Europäern physisch geradezu unangenehm gewesen sein.
Inzwischen ist das Verständnis auch in Europa gewachsen, und der Trommel werden - im Zeichen der Wellness-Welle - viele positive Eigenschaften zugeschrieben: So fördere sie Energie und Bewegung, löse Aggression und Verspannung und sei eine Quelle der Lebensfreude.
Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 11. Februar bis Donnerstag, 14. Februar 2008, 9:45 Uhr