Zum UNO-Jahr der sanitären Grundversorgung

Tödliche Tabus

Die UNO hat 2008 zum Internationalen Jahr der sanitären Grundversorgung erklärt. Denn 2,6 Milliarden Menschen müssen ohne die einfachsten sanitären Einrichtungen leben. 1,5 Millionen Kinder sterben jährlich durch verschmutztes Wasser.

150 bis 200 Liter Wasser verbraucht der durchschnittliche Österreicher pro Tag, rund 40 Liter davon am WC, den Rest für Wäschewaschen, Haushalt, Baden, Kochen und dergleichen mehr. Trinkwasser macht mit zwei bis drei Litern den geringsten Teil aus.

In Europa und den USA liegt der durchschnittliche Wasserverbrauch pro Person und Tag zwischen 120 und 300 Litern. Sauberes Trinkwasser aus dem Wasserhahn ist für die meisten Westeuropäer so selbstverständlich wie der Druck auf die Spültaste der Toilette.

Verunreinigtes Wasser und mangelnde Hygiene

Weltweit gehört die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und hygienischen Sanitäreinrichtungen jedoch weiterhin zu den großen Herausforderungen. 1,1 Milliarden Menschen haben nicht genug Wasser zum Leben. 2,6 Milliarden, das sind rund 40 Prozent der Weltbevölkerung, müssen ohne Latrinen und ohne Abwasserentsorgung auskommen. Das bedeutet, dass weltweit zwei von fünf Menschen keine andere Wahl haben, als ihre Notdurft im Freien zu verrichten und ihre Abwässer in Flüsse oder andere Gewässer zu leiten.

Verunreinigtes Wasser und mangelnde Hygiene sind eine der Hauptursachen für die in vielen Ländern noch immer sehr hohe Kindersterblichkeit. Rund 1,5 Millionen Kinder sterben laut dem UNO-Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 infolge mangelnden Zugangs zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen.

Magen- und Darm-Erkrankungen, Diarrhöe, Typhus und Paratyphus, Ruhr und Cholera gehören zu den Haupttodesursachen. Wenn die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung nicht gesichert werden, sind auch die Millenniumsentwicklungsziele der UNO nicht zu erreichen. Diese Ziele legte die UNO im Jahr 2000 fest. Dazu gehören eine radikale Verringerung der Armut, die Senkung der Mütter- und Kindersterblichkeit sowie der Zugang zu Grundschulbildung für alle.

Wasserversorgung und Schulbesuch

Wasserversorgung und Schulbesuch vor allem von Mädchen stehen in armen Ländern oft in direktem Zusammenhang: Denn die Wasserbeschaffung ist in vielen Regionen der Welt traditionell die Aufgabe der Mädchen und Frauen. Wo es keine Wasserleitungen oder Brunnen in unmittelbarer Nähe der Wohnviertel gibt, müssen Mädchen oft Kilometer bis zur nächsten Wasserstelle zurücklegen.

Vielen Mädchen wird angesichts solcher und vieler anderer Aufgaben im Haushalt bis heute ein Schulbesuch verwehrt. Viele Mädchen, die in die Schule gehen können, bleiben aber dem Unterricht mit Beginn ihrer Menstruation fern, wenn es in der Schule keine Toiletten gibt.

Eine Frage des Geldes

Die Bedeutung von Wasser und Hygiene kann gar nicht genug betont werden: Deshalb hat die UNO 2008 zum Jahr der sanitären Grundversorgung erklärt. Die Zielvorgabe der UNO lautet nun: Bis zum Jahr 2015 soll die Zahl der Menschen ohne ausreichend sauberes Wasser und ohne hygienische Sanitäreinrichtungen halbiert werden. Bis 2025 soll dann jeder Zugang zu sauberem Trinkwasser, Latrinen und Abwasserentsorgung haben.

Dies zu erreichen, ist eine gewaltige Aufgabe. Systeme, wie wir sie im Westen gewohnt sind, erfordern hohe Investitionen. Arme Länder sind zu solchen Milliardenausgaben nicht in der Lage. In vielen Regionen der Welt steht auch wesentlich weniger Wasser zur Verfügung als bei uns. Es braucht daher angepasste technische Lösungen, die leistbar und nachhaltig sind.

Ökologisch verträgliche Sanitäranlagen

Ein Ansatz, den Experten heute international propagieren, ist die sogenannte ecological sanitation - ökologisch verträgliche Sanitäranlagen. Sie beruhen auf einem kreislauforientierten Konzept der Siedlungshygiene. Abfälle und Abwasser werden als Ressourcen gesehen, die der Wiederverwertung zugeführt werden sollen. Damit können Wasser- und Energieverbrauch wesentlich reduziert werden.

Hör-Tipp
Dimensionen, Dienstag, 12. Februar 2008, 19:05 Uhr