Satiriker und Cartoonist
Das Doppelleben des F. W. Bernstein
Schon in seinem Namen sind zwei Identitäten versteckt: F. W. steht für Fritz Weigle, seinen bürgerlichen Namen, Bernstein für den selbst gewählten Künstlernamen. Am 4. März 2008 feiert der Satiriker in Wort und Bild seinen 70. Geburtstag.
8. April 2017, 21:58
F. W. Bernstein begann schon sehr früh zu zeichnen.
Der Satiriker und Zeichner F. W. Bernstein liebt das Versteckspiel. Gemeinsam mit Robert Gernhardt, F. K. Waechter, Hans Traxler, Peter Knorr, Bernd Eilert, Chlodwig Poth und Eckhard Henscheid gilt er als Begründer der legendären "Neuen Frankfurter Schule", die in den Jahren nach 1960 mit der Satirezeitschrift "pardon" und dem Magazin "Titanic" populär wurde. Mit Karikaturen, Cartoons, Bildgeschichten, Gedichten und Geschichten wurden humorvoll Politik und Alltag kommentiert.
"Eigentlich müsste Bernstein mindestens so berühmt sein wie Robert Gernhardt", sagen Kritiker. Freilich ist Bernstein, so kontern andere, genauso berühmt, wenn nicht sogar noch berühmter als sein langjähriger Freund, Mitbewohner und Mitarbeiter Robert Gernhardt. Nur, er sei halt nicht so bekannt.
Parallellauf
1956 beginnt F. W. Bernstein sein Studium an der Stuttgarter Kunstakademie. Er lernt dabei den Schriftsteller und Zeichner Robert Gernhardt kennen. "Ich habe am meisten von ihm und mit ihm zusammen gelernt", sagt Bernstein über Gernhardt, dem er in der Stuttgarter Kunstakademie gelegentlich über den Weg läuft. Zwei Jahre später wechseln beide nach Berlin. Die Studiengänge und Lebenswege von Robert Gernhardt und F. W. Bernstein verlaufen einige Jahre lang so gut wie synchron, im April 1964 beginnen sie in Frankfurt bei der Zeitschrift "pardon" zu arbeiten.
Ein dritter genialer Zeichner ist ebenfalls bei "pardon" gelandet: Friedrich Karl Waechter. Mit F. K. Waechter, F. W. Bernstein und Robert Gernhardt, mit Hans Traxler, Chlodwig Poth und Eckhard Henscheid wird in den "pardon"-Heften und später im "Titanic" in Wort und Bild Satire vom Feinsten geboten, die sogenannte "Neue Frankfurter Schule" wird begründet.
In den Sprachgebrauch eingegangen
Die schärfsten Kritiker der Elche
waren früher selber welche.
Der wohl bekannteste Reim von F. W. Bernstein, der schon bald nach seiner Erfindung in die "sprachliche Umlaufbahn" geraten und sprichwörtlich geworden ist; Zeitungen brachte ihn als Tagesspruch, in Todesanzeigen tauchte er auf, er wurde Brecht angedichtet oder als finnische Spruchweisheit präsentiert, oft auch Robert Gernhardt zugeschrieben, ebenso wie Hans Traxler oder Eckhard Henscheid. Er stammt aber von F. W. Bernstein.
"Den Wettlauf der Künste hat die Musik gewonnen", meint F. W. Bernstein. "Jeder kann heute auf Anhieb zehn Lieblingsbands oder -komponisten benennen, aber in der Karikatur, dem grafischen Pop: null! Keiner kennt sich aus! Jeder wird sagen, wie wichtig das ist, das Zeichnen, das Cartoonieren und Karikieren. Es fehlt aber eine Vermarktungsindustrie, es fehlen die Stars und unsere Zeitungen und Illustrierten räumen kaum mehr Platz für Zeichnungen ein - und wenn, dann gibt es kein ordentliches Honorar. Kein Wunder, dass die begabten jungen Zeichner gleich lieber ins Grafik-Design-Geschäft oder zur Werbung gehen!"
Bei der "Alterswildheit" angekommen
Im sogenannten "Ruhestand" angekommen, hat sich F. W. Bernstein noch so manches vorgenommen. Er wolle sich nun auf einen gewissen Grad von "Alterswildheit" vorbereiten, sagt er, auf eine "Altersruppigkeit", und nur zu gerne möchte er "den unwürdigen Greis geben". Im Rückblick ist er froh über die Begegnung mit vielen Weggefährten und über sein Doppelleben als Zeichenlehrer und Künstler.
Der Maler und Zeichner, Dichter, Satiriker und Herausgeber F. W. Bernstein hat im Kollegium der Neuen Frankfurter Schule in vieler Hinsicht eine Sonderstellung: Er ist nicht nur der einzige, aus dem was Ordentliches geworden ist, er ist auch der einzige, der bis heute sein Pseudonym beibehalten hat, er ist der einzige Mann seiner Frau Sabine und es ist sein Werk, das im Gruppenkreise mit sicherem Abstand Sperrigste und Eigenartigste.
So Oliver Maria Schmitt in seinem Buch "Die schärfsten Kritiker der Elche. Die Neue Frankfurter Schule in Wort und Strich und Bild".
Zahlreiche Ehrungen
In diesen Tagen feiert F. W. Bernstein seinen 70. Geburtstag. Sein Werk wurde mit vielen namhaften Preisen bedacht, so erhielt er den "Göttinger Elch" für sein Lebenswerk, zuletzt wurde er mit dem "Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor" geehrt. Bei der Jurybegründung war zu lesen, F. W. Bernstein sei damit "schon zu Lebezeiten im Walhalla der Komischen Künste". F. W. Bernstein erzählt es mit einem vergnügten Aufblitzen in den Augen.
Hör-Tipp
Menschenbilder, Sonntag, 2. März 2008, 14:05 Uhr
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F. W. Bernstein