Auftragswerk für Cadiz
Haydns "Sieben letzte Worte"
Eine tröstliche Bauernregel zum 19. März meint: "Wenn’s erst einmal Josefi ist, so endet auch der Winter gwiss." Grund genug, einem berühmten Joseph reverenza zu machen: Joseph Haydn und seinem Werk "Die sieben letzten Worte des Erlösers am Kreuze".
8. April 2017, 21:58
Sonata 1 in zwei Fassungen
So berühmt war Joseph Haydn zu Lebzeiten, dass sein Ruf bis ins entfernte spanische Cadiz dringt und er vom dortigen Domherrn Marqués de Valde-Inigo den Auftrag für ein Orchesterwerk bekommt, das vermutlich am Gründonnerstag 1787 uraufgeführt worden ist.
Haydn schreibt dazu:
Man pflegte damals, alle Jahre während der Fastenzeit in der Hauptkirche zu Cadix ein Oratorium aufzuführen, zu dessen verstärkter Wirkung folgende Anstalten nicht wenig beytragen mussten. Die Wände, Fenster und Pfeiler der Kirche waren nehmlich mit schwarzem Tuche überzogen, und nur Eine, in der Mitte hängende grosse Lampe erleuchtete das heilige Dunkel. Zur Mittagsstunde wurden alle Thüren geschlossen; jetzt begann die Musik.
So der Komponist über ein Orchester-Werk, das er für den Domherrn von Cadiz komponiert hat und das vermutlich am Gründonnerstag 1787 uraufgeführt worden ist: "Die sieben letzten Worte des Erlösers am Kreuze".
Pausenfüller einer biblischen Betrachtung
Joseph Haydn erzählt uns weiter, wie die sieben langsamen Sätze oder Sonaten, quasi als Pausenfüller einer biblischen Betrachtung im Rahmen der Karfreitagsliturgie in Rosário bei Cadiz zu fungieren hatten.
Nach einem zweckmässigen Vorspiele bestieg der Bischof die Kanzel, sprach eines der sieben Worte aus, und stellt eine Betrachtung darüber an. So wie sie geendigt war, stieg er von der Kanzel herab, und fiel knieend vor dem Altare nieder. Diese Pause wurde von der Musik ausgefüllt.
Orchester-Fassung mit Savall
Hören Sie im ersten Teil unseres Audios die Stelle: "Pater dimitte illis quid nesciunt, quid faciunt”, "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun”, die Sonata 1, Largo, aus den "Sieben letzten Worten des Erlösers am Kreuze". Es spielt Le Concert des Nations unter der Leitung von Jordi Savall.
Die den Sätzen beigegebenen erklärenden lateinischen Texte waren einerseits so etwas wie die kurze Inhaltsangabe, sie hatte die Stimmung des Satzes zu umreißen und außerdem boten die Texte die direkte Anregung zur jeweiligen Melodielinie der Instrumentalsätze: Die Evangelien-Zeilen wurden also buchstäblich vertont.
Sprechende Musik par excellence
Haydn hat am Text entlang komponiert, sprechende Musik par excellence, auch den Unerfahrensten sollte es - so wollte Haydn - die "tiefsten Eindruck in Seiner Seel erwecken". Es musste und sollte möglich sein, bei jeder Note erraten zu können, was der Komponist damit ausdrücken wollte, Musik als redende Kunst mit ganz konkreten Inhalten.
Den Hörern des 18. Jahrhunderts, die das Vokabular kannten, war diese programmatische Ausprägung durchaus bewusst. Ich stelle mir das so vor: So wie wir in der Oper heutzutage ein Textlesesystem auf dem kleinen Monitor vor den Sitzen haben, lief für die Hörer der damaligen Zeit der Text im Inneren mit.
Passauer Domherr schrieb Text
So auch für den Passauer Domherrn und Kapellmeister Joseph Friebert. Er hat zu der Orchesterfassung der Sieben Worte einen passenden Text geschrieben und das Werk auch zur Aufführung gebracht, 1792 war das, Haydn hat die Bearbeitung auf der Hinfahrt zur zweiten Englandreise gehört und soll mit dem Ergebnis durchaus zufrieden gewesen sein.
Er hat den Text dann vier Jahre später mit Verbesserungen des Barons van Swieten seiner Oratoriumsversion zugrunde gelegt. Musikalisch hat er kaum etwas geändert, aber hat, wie er schreibt, "die Singstimmen besser behandelt", also sangbarer geführt und er hat die Besetzung des Orchesters erweitert, in dem er Posaunen, Klarinetten und Kontrafagotte hinzufügte.
Van Swieten glättete
Van Swieten, Haydns Freund und späterer Librettist für die "Schöpfung" und die "Jahreszeiten", hat den Text, der auf das Gedicht "Tod Jesu" von Karl Ramler zurückging, geglättet und Holprigkeiten der Vorlage gegen andere Verse ausgetauscht.
Hören Sie im zweiten Teil unseres Audios die Nummer 1 aus der Oratoriums-Fassung der "Sieben letzten Worte" für Chor, Solisten und Orchester. Es spielt der Arnold Schoenberg Chor und der Concentus musicus Wien unter Nikolaus Harnoncourt.
Hör-Tipp
Ausgewählt, Mittwoch, 19. März 2008, 10:05 Uhr
Mehr dazu in oe1.ORF.at
CD-Tipps
Joseph Haydn, "Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze", Le Concert des Nations, Jordi Savall, Astrée
Joseph Haydn, "Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze", Concentus musicus, Arnold Schoenberg Chor, Nikolaus Harnoncourt