Hörspielerische Betrachtungen

Vom Mittelpunkt der Welt

Die Hörspiel-Redaktion bat neun Autorinnen und Autoren, sich akustisch mit dem eigenen, dem anderen oder dem Ich an sich auseinander zu setzen. Nun ist das Ergebnis zu hören: Eine Stunde Egozentrik im besten Sinn, und das höchst unterschiedlich.

"Das kosmologische Desaster" von Elisabeth Putz

Ob das Ich eine Illusion ist, wer weiß. Jedenfalls nicht die schlechteste. Vermittelt es denn seit Freud zwischen Über-Ich und Es und fungiert dort zum Beispiel als Stimulus-Schranke - wir können gar nicht ohne. Denn außerdem: Ohne Ich kein Du. Und natürlich: Ohne Du kein Ich, aber dazu mehr in einem Monat, im nächsten Hörspiel-Magazin.

Die Buddhisten wollen es abschaffen, weil eben: Illusion. Das klingt, bei allem Respekt, langweilig. Eine Welt vom Ich geläutert, lächelnd Richtung Nirwana? Wer weiß, ob das nicht die größere Illusion ist? Wer weiß - so weit waren wir schon. Alles geht im sprichwörtlichen Kreis - und endet und beginnt doch immer hier, jetzt, da, wo ich bin.

Ich. - Wozu dieses rauchige, düstere CH? Klarer, eindeutiger: Das I, das englische. Oder: I, in guter österreichischer Mundart. Ego, so mit Eigennutz und Selbstherrlichkeit konnotiert, ist es doch alles, was wir haben, wir, also uns. Es wird kompliziert. Dabei ist es so einfach: Neun Menschen haben ihre Kreise gezogen um den Mittelpunkt. Und jeder hat etwas anderes gesehen.

Wir dachten, das wäre klug, an den Anfang einer neuen Sendereihe jenes Etwas zu setzen, von dem doch auch sonst alles ausgeht. Und haben im Adressregister der uns bekannten Kurzhörspiel-Autorinnen und -Autoren neun ausgewählt, und diese Neun, sie hatten Zeit und Ideen.

Es gibt Wissenschafter, die behaupten, das menschliche Gehirn sei nicht fähig, sich selbst zu erkennen, also zu definieren, was das Ich ist. Wenn das Gehirn also wirklich nicht erkennen kann, so kann es doch immerhin raten. Die Sprache ist dabei - in ihrer sympathischen Eigenschaft als begreifende Knetmasse - ein probates Mittel. Das Kurzhörspiel, wie sich erwiesen hat, ist sogar noch ein besseres Mittel.

Die Autorinnen und Autoren und ihre Stücke:

  • Caroline Profanter, Dominik Traun: "Der regen tickt"
  • Monika Maria Pawel: "Am Schalter"
  • Dirk Hardegen: "Ich, verabredet" und "Ich, verliebt"
  • Bruno Pisek: "Ich-Sektion" und "Ich-Analyse"
  • Walter Baco: "Ich"
  • Bernadette Johnson: "Ich. Ein leerer Raum"
  • Ursula Scheidle: "Ich"
  • Jürgen Berlakowich: "Ich.Gedicht"
  • Elisabeth Putz: "Das kosmologische Desaster"

Hör-Tipp
Hörspiel-Studio, Dienstag, 8. April 2008, 20:31

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