Forschen nach der "natürlichen Spur"

Der Malort des Arno Stern

An vielen Orten der Welt hat der charismatische 84-jährige Arno Stern einfache Holzwände aufgestellt, einen Tisch, Zeichenpapier und Stifte bereitgestellt und so einen "Malort" für Kinder geschaffen, den nur die Kinder und er selbst betreten dürfen.

Arno Stern über das Geheimnis des "Malorts"

Ob in Europa oder in Afrika, im Urwald oder in der Wüste - an vielen Orten dieser Welt hat der charismatische 84-jährige Arno Stern einfache Holzwände aufgestellt, einen Tisch, Zeichenpapier, Farben und Pinsel bereitgestellt und so einen abgeschlossenen "Malort" geschaffen, den nur die Kinder und er selbst- als "Diener" der Malenden- betreten dürfen.

In tausenden Bildern, die in mehr als sechzig Jahren weltweit entstanden sind, forscht Arno Stern nach der "Formulation", nach der inneren "natürlichen Spur", die in jedem Menschen vorhanden ist und die in den freien, spontanen - von Erwachsenen unbeeinflussten- Bildern sichtbar wird.

Die Zeichnungen bleiben im Malort, sie werden nicht ausgestellt, nicht kommentiert, nicht von anderen bewertet.

Die Geburt des "Malorts"

Arno Stern wurde 1924 in Kassel geboren. Seine Eltern emigrierten nach der Machtergreifung Hitlers nach Frankreich. Nach Kriegsende arbeitete er in einem Heim für Kriegswaisen in einem Pariser Vorort. Sein Auftrag war es, die Kinder mit wenigen finanziellen Mitteln zu beschäftigen. Arno Stern ließ sie malen, er richtete ein Malatelier ein und schuf so den " Malort".

Was Arno Stern wichtig ist: Der "Malort" ist nicht nur für Kinder gedacht. Alle sind willkommen.

Kein Konkurrenzdruck

"Das Malspiel und die natürliche Spur" heißt ein Buch von Arno Stern über seine Erfahrungen mit dem "Malort". "Wir sind es gewohnt, zu bewerten, zu kommentieren, zu benoten, wir schaffen ununterbrochen Konkurrenz- und Wettkampf-Situationen", sagt Arno Stern. Beim "Malspiel" im abgegrenzten "Malort" fällt dieser Gedanke weg.

An die 500.000 Bilder sind im Lauf der Jahrzehnte im "Malort" entstanden, in vielen Ländern dieser Welt hat Arno Stern mit Kindern und mit Erwachsenen gemalt, hat er ihnen die Möglichkeit gegeben, der "natürlichen, inneren Spur" zu folgen.

Stern dient beim Malen

Er selbst nimmt dabei die Rolle des "Dienenden" an, der im "Malort" präsent ist, der Farben und Pinseln reicht, der Papier bereit stellt - ohne je selbst zu malen.

Wer glaubt, dass fünfzehn Kinder, die zwischen einfachen Stellwänden aus Holz mit viel Papier, Pinseln und Farben zum "Malspiel" eingeladen werden, sofort für Chaos und Anarchie sorgen, der hat ein falsches Bild von den Kindern und vom "Malspiel", für das eigene Regeln gelten.

Herzeigen-Wollen wird nicht zugelassen
Während die Kinder sofort nach dem Malen loslassen können, sich über das Erlebte freuen, wollen Eltern oft diese Bilder sehen, sie mitnehmen, kommentieren, kritisieren, sie ausstellen. Ein Herzeigen-Wollen, das Arno Stern nicht zulässt.

Die entstandenen Bilder bleiben - unkommentiert von anderen - im "Malort".

Die natürlich Spur
"Die Lust zu malen ruht in jedem Menschen", schreibt Arno Stern in seinem Buch "Das Malspiel und die natürliche Spur": "Die traditionelle Erziehung, vor allem in der Schule, versucht, dieses natürliche Bedürfnis zur Kunst hinzuleiten. Wird dies vermieden, so kann sich daraus eine vollkommen andere Äußerung entwickeln - die 'Formulation', die 'natürliche Spur'."

"Sie ist - anders als die Kunst - für keinen anderen Empfänger bestimmt, sie entsteht aus dem ureigenen Bedürfnis des Menschen, sich schöpferisch zu betätigen. Das "Malspiel" im geschützten "Malort" ermöglicht das Erkennen des eigenen Potenzials, der eigenen Fähigkeiten, die Unabhängigkeit vom Urteil anderer wird bewusst erfahren", so Stern.

Hör-Tipp
Menschenbilder, Sonntag, 13. April 2008, 14:05 Uhr

Buch-Tipps
Arno Stern, "Das Malspiel und die natürliche Spur", Drachen-Verlag

Arno Stern, "Der Malort", Daimon-Verlag

Link
Arno Stern