Die Marsexpedition in der Wüste von Utah

Die Mars-Chroniken

Zwei Jahre ist es jetzt her, dass US-Präsident Bush die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA mit der Rückkehr zum Mond beauftragte, gefolgt von einer bemannten Landung auf dem Mars. Und seitdem laufen die Vorbereitungen.

Im US-Bundesstaat Utah betreibt die Mars Society ein Habitat, in dem bemannte Missionen zu anderen Welten simuliert werden. Im Februar hatte eine neue, sechsköpfige Mannschaft die Labore in der Wüste bezogen, die für die Astronauten zwei Wochen lang eine Mond- oder Mars-Umgebung dargestellt haben.

Der Wissenschaftsjournalist Guido Meyer hat die Mission Artemis 14 Tage lang begleitet.

Landung auf dem Roten Planeten

Diesmal ist nicht der "Adler" gelandet, sondern "Big Blue" - ein blauer, 23 Jahre alter Truck der US Air Force, der die Astronauten der Mars Society auf den Roten Planeten bringt. Diese Vereinigung setzt sich für eine privatfinanzierte bemannte Mission zum Mars ein.

Die Mission Artemis bestreitet eine sechsköpfige Crew - zwei Frauen und vier Männer aus den USA, Kanada und Deutschland. Wir sind mitten in der Wüste von Utah, aber die Landschaft erinnert an die Bilder, die die beiden Mars-Rover Spirit und Opportunity seit zwei Jahren zur Erde schicken. Hinter einem der roten Mars-Hügel dann: das "Habitat", unser neues Zuhause für zwei Wochen - eine doppelgeschössige weiße Tonne in der roten Landschaft. Unten arbeiten die Wissenschaftler, oben wohnen sie.

Der erste Tag, die Übergabe auf dem Mars. Wir überprüfen das Habitat auf Sauberkeit, schießen Fotos, vergleichen die Instrumente. Derzeit scheint alles zu funktionieren: der Wasser-Kreislauf, der Stromgenerator, der Internetzugang.

Ausflug auf dem Mars

Es ist zehn Uhr zwölf Mars-Zeit, und wir stehen im EVA-Preparation-Room. Das ist der Raum, in dem man sich vorbereitet für Außenbordeinsätze. Ich bin hier mit William Fung-Schwarz. Er ist der Security and Health Officer für die Mission Artemis; und nun geht’s drum, die Raumanzüge anzuziehen.

Jetzt sind wir ungefähr 15 Minuten auf der Mars-Oberfläche. Man kann nicht sagen, die Luft wird dünner, aber auf jeden Fall ist es sehr anstrengend. Die Schwerkraft ist geringer als die auf der Erde aber doch mehr als auf dem Mond. Hüpfen ist hier also nicht. Gehen kann man ganz leicht, aber der Raumanzug wiegt dann doch so einiges. Und jetzt sind wir auf dem besten Weg, den ersten Mars-Hügel zu erklettern.

Gruppensitzung

Ein windiger Tag auf dem Mars klingt zwar so wie einer auf der Erde, sieht aber anders aus. Denn die rote Wüste bewegt sich nicht. Heute geht niemand vor die Tür. Gruppensitzung.

Der allabendliche Gesprächszirkel der Astronautencrew, in dessen Verlauf jedes Mannschafts-Mitglied verbal Rosen und Dornen für den abgelaufenen Tag vergeben soll. Die Sitzung wird von William Fung-Schwarz geleitet. Der 31-jährige ist während der Mission Artemis für die Gesundheit der Crew verantwortlich - körperlich wie seelisch.

William arbeitet hauptberuflich in der Psychologie-Abteilung der Universität von Salt Lake City. Ihn interessiert, welchen psychischen Stresfaktoren eine 6köpfige Crew ausgesetzt ist, die gezwungen ist, über längere Zeit auf engem Raum zusammenzuleben - und sei es nur für zwei Wochen, wie in dieser Simulation.

Diesmal überwiegen die Dornen: Mit einem Astronauten ist der Rest der Crew derart unzufrieden, dass Commander Kokh ihn bittet, den Mars zu verlassen - das heißt: die Simulation abzubrechen. Fünf Astronauten bleiben übrig.

Der Anbau

Commander Kokh will den weiteren Ausbau der Station angehen: Ein Tunnel, der das Gewächshaus mit dem Habitat verbinden soll. Ihn könnten die Astronauten ohne das Anlegen von Raumanzügen durchqueren. Mittwoch soll Richtfest sein - falls das Wetter es zulässt.

Routinearbeiten

Der Tag von Steven Winikoff beginnt gegen sieben Uhr dreißig. Dann strahlt bereits seit mehr als einer halben Stunde die Sonne über dem wolkenlosen Mars. Das Habitat wacht auf - Zeit, die Systeme anzuschmeißen.

In der unteren Etage der Mars Desert Research Station befindet sich eine Maschine namens Inverter. Sie überwacht Energiezufuhr und Energieverbrauch während des Tages und während der Nacht. Das Habitat selbst wird durch Batterien mit Strom versorgt, die in der Erde unter der Station vergraben sind. Wie bislang jeden Morgen ist auch heute wieder alles in Ordnung; kein Totalausfall aller Systeme über Nacht.

Erste Begehung

Mittwochnachmittag, vierzehn Uhr zwölf Mars-Zeit: Commander Peter Kokh eröffnet den Tunnel-Anbau. Künftig sollen synthetische Papier-Raumanzüge Marke Tyvek genügen, um das Habitat - auf festgelegten Pfaden - zu verlassen.

Der Tunnel ist eröffnet, seine erste Begehung wird die Nagelprobe sein. Crewmitglied Ben Huset macht die Probe aufs Exempel, öffnet seinen Helm - und kann zum ersten Mal außerhalb des Habitats atmen.

Hör-Tipp
Dimensionen, Montag, 26. Mai 2008, 19:05 Uhr