Deutscher Preisträger des Salzburger Stier

Rainald Grebes Robinsonade

Rainald Grebe ist einer der Urenkel des Dadaismus. Er ist unkorrekt, witzig, lustig und - das kommt selten vor - perfekt im eigenen Chaos. Rainald Grebe ist Autor, Dramaturg, Schauspieler, Regisseur, Comedian und Liedersänger - ein Tausendsassa.

Mein Sklave, mein Freund

Mit seinem "Robinson-Crusoe-Konzert" hat der deutsche Entertainer Rainald Grebe alles andere als Schiffbruch erlitten, hat er sich doch damit gar den 27. Salzburger Stier erspielt. Die gehörnte Trophäe gilt als der "größte europäische Kleinkunstpreis der Welt", wird sie doch vom ORF, der ARD, dem Schweizer Radio DRS und dem RAI-Sender Bozen gemeinsam vergeben.

Schauplatz der diesjährigen Preisverleihungen war das Düsseldorfer Kom(m)ödchen. Dort, auf Deutschlands ältester Brettlbühne, wurden am 17. Mai 2008 der Schweizer Satire-Altmeister Franz Hohler, Ludwig Müller aus Österreich und der deutsche Stier-Preisträger Rainald Grebe geehrt. "Er ist der legitime Urenkel des Dadaismus" hieß es in der Jury-Begründung, "seine Pointen erwischen einen hinterrücks, sprachliche und musikalische Kleinodien zum Verlieben".

Subtil und listig

Rainald Grebe ist Jahrgang 1971 und pendelt permanent zwischen seinen vielen Professionen hin und her. Der gebürtige Kölner ist nicht nur Comedian, sondern auch Schauspieler, Autor, Regisseur, Dramaturg, Liedermacher und diplomierter Puppenspieler. Doch subtil und listig wie er und sein Humor nun mal sind, zeigt er von all seinem Können zunächst gar nichts.

Bevor sich Grebe ans Klavier setzt und mit dem eigentlichen Programm, dem "Robinson-Crusoe-Konzert" beginnt, mimt er einen missgelaunten, verkaterten Kleinkünstler, der gar nicht auftreten will. Er jammert über die ewige Geldknappheit der Kreativen. Nicht einmal eine richtige Kostümierung habe er sich leisten können, als gestrandeter Robinson trägt er einen billigen, beige Anzug und einen ziemlich langen Bart aus Dichtungshanf.

Meister und Sklave

"Robinson Crusoe ist ein Klassiker für ein Solo-Programm", erklärt Grebe im Interview. "Der war 27 Jahre allein auf einer Insel. Ich fand das Original, Defoes Roman, ziemlich langweilig. Das ist so ein christlicher Erbauungsroman. Es geht darum, gottgefällig zu handeln und nicht zu verzweifeln, was ich schade finde! Erst nach 22 Jahren kommt dann Freitag dazu, dem Robinson die Welt erklären, den er 'zähmen' kann."

Der zum Sklaven degradierte Genosse verweigert sich schlau den Befehlen des Meisters. Das Klima macht ihm zu schaffen, also sitzt er nur faul in der Sonne und chillt.

"Glaubst du, wenn alle Chinesen Afrikaner wären, dann wären die auch alle faul? Ich glaub's nicht!" wird Freitag von seinem Herrn und Meister belehrt. So einen Satz kann man schnell als politisch-unkorrekten Witz abtun. Man kann sich ihn aber auch noch einmal genüßlich auf der Zunge zergehen lassen, um die Heimtücke und den subtil-intelligenten Humor dahinter zu entdecken. Das dürfte wohl auch die Salzburger-Stier-Jury überzeugt haben. Dass es sich dabei um einen Radio-Kabarett-Preis handelt, freut den derart Gehörnten besonders.

Popularitätsschub bei den Nachbarn

"Ich hab gar keinen Fernseher mehr zu Hause. Ich mag Radiosender wie Ö1, wo man über einen längeren Zeitraum einfach jemandem zuhören kann. Das ist zu unterstützen." Und vice versa. Schließlich werden auch die Künstler durch den Preis unterstützt, erhalten sie doch neben der Stier-Trophäe je 6.000 Euro. Und da der Salzburger Stier länderübergreifend ist, verhilft er den Ausgezeichneten oft zu einem Popularitätsschub im benachbarten Ausland. So feierte Rainald Grebe erst vor kurzem in Begleitung seiner Band, der "Kapelle der Versöhnung", im Linzer Posthof die Österreichpremiere seines neuen Programms "1968".

Parallel dazu tritt er mit seiner anarchistisch-skurrilen Robinsonade weiterhin solo auf, erzählt Geschichten aus dem Leben des gestrandeten Seemanns, singt dazu skurrile Lieder, begleitet sich selbst am Klavier und vermeidet es, einfach nur Witze zu machen. "Ich will immer sehr ernste, traurige Dinge sagen, aber es kippt dann doch um ins Lachen. Der wirkliche Humor hat immer mit todtraurigen Dingen zu tun."

Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 1. Juni 2008, 22:05 Uhr

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