Der Tod von Maria Anna

Maria Anna Haydn in Baden

Haydns Ehefrau verbringt ihre letzte Zeit auf Erden in Baden, wo ihre Arthritis gelindert werden sollte. Unterkunft findet sie bei Familie Stoll, die auch Constanze Mozart beherbergt hat. Maria Anna wird dieser Familie mittels Testaments danken.

Haydn örtlich - Teil 50

In der Kurstadt endigt sich am 20. März 1800, was an die 40 Jahre vorher in der Wiener Vorstadt Landstraße sich mehr ergeben hat als dass es ein eigentlicher Beginn gewesen wäre und was am 26. November 1760 im Stephansdom mit einem beiderseitigen Jawort besiegelt worden ist: die Ehe von Joseph und Maria Anna Haydn. Denn an diesem Tag verstirbt Frau Haydn allhier.

Sie hat in Baden ihre Arthritis wenn schon nicht mehr auskurieren, so doch wenigstens erträglich machen wollen. Aber auch die seit der Römerzeit berühmten Schwefelquellen haben ihr nicht mehr helfen können.

Unterkunft bei Familie Stoll

Gewohnt hat sie bei einer Familie, die durch sie ein zweites Mal in die Musikgeschichte eingeht. Ihr Quartiergeber ist nämlich Anton Stoll, seines Zeichens Schulmeister und - wie es üblich ist damals - Regens chori an der Badner Stadtpfarrkirche zu St. Stephan.

Er hat einige Jahre vor Frau Haydn auch Frau Constanze Mozart beherbergt und auch deren Mann, wenn er die den Kurmitteln zusprechende Gattin besucht hat. Und Wolfgang Amadé hat für den Chor seines Freundes Stoll das "Ave verum" komponiert.

Die "Schöpfung" gefällt ihr nicht

Der junge schwedische Geiger Berwald hat Frau Haydn noch ein Jahr vor ihrem Tod im Haus in Wien-Gumpendorf gesehen. "Als wir fragten, ob Doktor Haydn zu Hause sei, sagte ein Bedienter, er sei es nicht, die Doktorin hingegen sei im Garten, wohin er uns wies. Auf einer Bank saß eine alte Frau, von ein paar Hunden und Katzen umgeben, und als mein Vater sagte, er habe erfahren, der Doktor sei nicht zu Hause, antwortete sie im Dialekt: 'Meiner ist halter nicht zu Haus, kommt aber gleich.' Als die Rede von dem vorzüglichen Werke, der 'Schöpfung', das wir gestern gehört hatten, war, sagte sie: 'Das Volk sagt, es soll gut sein, ich verstehe mich nicht darauf.' Haydn kam und die Frau trippelte mit ihren Hunden und Katzen fort."

Nun - sie war, wie sie war und sie war es letztendlich auch durch ihre Ehe mit Joseph, die ja aus bei ihr zu diagnostizierenden organischen Gründen nie eine solche gewesen ist.

Keine Bildung wegen schlechter Orthographie

Man hat ihr oftmals Unbildung vorgeworfen und dieses Urteil auch an ihrem Testament beweisen wollen, weil dieses in einer unmöglichen Orthographie abgefasst sei. Nun, diese Tatsache als Beweismittel benützend, müsste man auch den Herrn Kapellmeister und Doctor honoris causa der Universität Oxford Joseph Haydn, oder seine Freundin aus sehr gutem Hause, Maria Anna Edle von Genzinger als sehr ungebildet bezeichnen. Die Briefe dieser Genannten zeichnen sich nämlich ebenfalls durch eine nach heutigem Duden-Maßstab unmögliche Orthographie aus - und der Grund dafür ist schlicht darin zu sehen, dass damals orthographisch so ziemlich alles möglich und jedenfalls sehr wenig verbindlich kodifiziert war.

Laut behördlichem Vermerk wird das Testament der Maria Anna Haydn, geborene Kellerin "am 22. März in Beysein des Herrn Universal Erben" in Baden eröffnet. Demnach ist der nunmehrige Witwer Joseph Haydn in persona angereist, um der Amtshandlung beizuwohnen. Ihren letzten Willen hat die nun Verstorbene bereits am 9. September 1799 formuliert und dabei alles ihrem Gatten vermacht. Aber in einem eigenen Zusatz spricht sie auch ihren freundlichen Badner Gastgebern gleichsam über den Tod hinaus ihren Dank aus: Herr Stoll erhält eine goldene Tabatière, dessen Frau mit Diamanten besetzte goldene Ohrringe, sowie zwei silberne Salzfässer und die Tochter Antonie wird mit einem kostbaren "Ostindisch-Muscherlinenen" Kleid bedacht.

Ein gutes Herz

Frau Haydn verfasst dieses Kodizill am 12. März 1800, das sind bloß acht Tage bevor sie stirbt. Was die stoll'sche Familie von ihr erbt, das ist durchaus von Wert und mag zeigen, dass Maria Anna wohl doch ein gutes Herz hat - und das konzedieren ihr immerhin auch ihre Kritiker, zumal im Hinblick auf die freundlichen Formulierungen in ihrem Testament, in welchem Frau Haydn zu ihrem Joseph "mein lieber Ehemann" sagt.

Bliebe noch zu vermerken und zu bedenken, dass dieser liebe Ehemann Joseph Haydn im Jahr vor dem Tod seiner Gattin in einem Brief an den Verleger Christoph Gottlob Breitkopf nach Leipzig schreibt: "Ich liebe mein Weib."

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Hör-Tipp
Haydn örtlich, jeden Montag, Mittwoch und Freitag bis einschließlich 22. Mai 2009, jeweils 15:06 Uhr

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Links
austria.info - Joseph Haydn
Haydn 2009

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