Einmal im Netz, immer im Netz
Das Internet schlägt zurück
Das Internet ist genauso anonym, wie es Tür und Angel weit offen stehen lässt. Einmal seine Daten veröffentlicht, surren sie über digitale Straßen und Plätze. Man wird ihnen kaum mehr habhaft. Doch was tun, wenn der gute Ruf erst ruiniert?
8. April 2017, 21:58
"mikethemonkey27" ist unglücklicher Single, interessiert sich für schwere Motorräder und surft auf Sadomaso-Seiten. Er kauft gelegentlich Lackschuhe, und versucht auf diversen Single-Plattformen eher ungeschickt, mit Frauen in Kontakt zu treten. Als sein Chef, ein renommierter Unternehmensberater durch Zufall entdeckt, dass "mikethemonkey27" und sein Mitarbeiter Michael P. ein und dieselbe Person sind, ist Michael nun auch noch arbeitslos. Der wahre Grund für seine Kündigung wurde ihm selbstverständlich niemals mitgeteilt.
Username. Passwort. Rein ins Vergnügen!
Und schon ist es passiert. Die Sehnsucht nach der großen Öffentlichkeit (oder zumindest die nach der großen Liebe) treibt Millionen User dazu, sich im scheinbar anonymen Internet völlig zu entblößen. Alter, Sternzeichen, Wohnort, Beruf, Interessen, politische Gesinnung oder sexuelle Orientierung - wer nichts zu sagen hat, ist uninteressant, wer zu diskret ist, wird übersehen. Und wenn alle anderen ALLES von sich preisgeben, warum nicht auch man selber?
Der Boom des sogenannten Web 2.0 ist nicht aufzuhalten. Soziale Netzwerke wie studiVZ, MySpace, facebook oder Xing erfreuen sich täglich vierstelliger Zuwachsraten. Allein bei MySpace sind weltweit mehr als 160 Millionen Menschen registriert, die deutsche Studentenplattform StudiVZ zählt nach eigenen Angaben acht Millionen Mitglieder. Der nächste Boom ist somit vorprogrammiert: Online-Dienste wie deinguterruf.de oder der deutsche Datenwachschutz bemühen sich, der stetig wachsenden Zahl unzufriedener User zur Seite zu stehen. Allzu offenherzig getätigte Aussagen im Internet wieder zu löschen. Kein leichtes Unterfangen!
"Das Netz vergisst nichts!"
So lautet der Kernsatz aller Interviews, die der deutsche Unternehmer Carsten Hoppe derzeit gibt - und er gibt jede Menge davon im deutschen Sprachraum. Als Gründer des datenwachschutz.de ist er wichtige Anlaufstation für Menschen, die im Internet Schaden erlitten haben und ihren guten Ruf wieder herstellen möchten. Er gibt Tipps, wie man Statements aus Foren oder Blogs entfernen kann, wie man Einträge aus Google und Google Cache löscht, und wie man sich gegen Verleumdungen und Beleidigungen im Internet zur Wehr setzen kann.
Der Löschservice per Datenwachschutz kostet knapp 20 Euro pro Website; die Bemühung um eine gute Googlability, um eine einwandfreie digitale Reputation, kann also unter Umständen kostspielig werden und war dann im Endeffekt vielleicht doch umsonst. Denn niemand - auch Carsten Hoppe nicht - wird jemals garantieren können, dass auch mehrfach gelöschte Web-Einträge nicht doch irgendwann wieder irgendwo im Netz auftauchen! Die Eigendynamik des Mediums Internet lässt sich kaum stoppen, Inhalte vervielfältigen sich rasant und unkontrolliert. Sie werden kopiert und in anderem Zusammenhang wiedergegeben, verlinkt, zitiert, gespiegelt und getauscht. Was auf einem Server gelöscht wird, kann längst auf einem anderen zwischengespeichert sein, und zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt wieder im Netz auftauchen.
Auftrag an das Bildungssystems
Experten fordern längst, dass der Umgang mit den neuen Medien zum verpflichtenden Unterrichtsfach in Schulen wird. Eine Studie der EU-Kommission hat kürzlich ergeben, dass die meisten Kinder in Europa das Internet zwar täglich nützen, das Bewusstsein für Chancen und Risiken dieses Mediums bei deren Eltern aber nicht sehr ausgeprägt ist.
Löschdienste wie der Datenwachschutz werden wohl noch längere Zeit die Gewinner dieser Entwicklung bleiben.
Hör-Tipp
Moment, Dienstag, 17. Juni 2008, 17:09 Uhr
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