Was kommt nach UMTS und Bluetooth?

Unsere Zukunft ist drahtlos

Sie machen es sich nicht leicht, die Telekommunikationsunternehmen. Jahrelang mussten sie sich in Europa im Wesentlichen nur ein einziges Akronym merken: GSM. Aber dann kam UMTS, das mittlerweile auch schon fast wieder überholt ist.

In der Mobilbranche wird wieder geträumt. Anstelle des Akronyms UMTS, "Universal Mobile Telecommunication System", das in Europa die dritte Generation drahtloser Kommunikation eingeleitet hat und gerade erst aus seinen Kinderkrankheiten entwachsen ist, lautet jetzt das Wunderkürzel LTE "Long Term Evolution".

LTE war langfristige geplant, und ist doch schon fast wieder veraltert. Und das, bevor man überhaupt weiß, was es eigentlich bedeuten soll. Sobald LTE auf dem Markt ist, macht das Wort "lang" keinen Sinn mehr, meint Gerhard Fettweis von der TU Dresden. Er leitet dort den Vodafone-Stiftungslehrstuhl für Mobile Nachrichtensysteme.

Und die Geschichte wiederholt sich doch

Die Geschichte der Mobiltelefonie fällt vor allem dadurch auf, dass die Euphorie der Firmen am Anfang grenzenlos erscheint, aber die Umsetzung kaum das hält, was versprochen wird. Mehr Bandbreite soll LTE den Kunden bringen, 100megabit/s wird kolportiert, aber 25 bis 50megabit/s werden es werden. 100megabit-Datenübertragung im Mobilfunk wird es in Europa nicht vor 2017 geben, meint Gerhard Fettweis. Er arbeitet bereits daran. "Easy-C" heißt sein Forschungsprojekt, das auch von der EU gefördert wird und dessen Ergebnisse in der vierten Generation mobiler Telefonie verwirklicht werden sollen.

Altbekannte Versprechungen

Getrieben werden die Entwicklungen im Mobilsektor vor allem durch die Annahme, dass der Bedarf nach Bandbreite schier unerschöpflich sei und durch die Vermutung, dass Endkunden in Zukunft mit einem Gerät alles machen wollen: im Internet surfen, E-Mails beantworten und Videos schauen. Letzteres ist alles andere als eine neue Version. Unter dem Begriff Konvergenz wurde schon so manches Gerät beworben: vom Festnetztelefon bis zum Fernseher.

Jane Zweig, sie leitete die amerikanische Beraterfirma für den Mobilsektor "Shosteck Group", kann sich zwar noch immer kein Bild davon machen, was man ihr mit LTE und der vierten Generation mobiler Telefonie eigentlich verkaufen will. Die Begriffe, die dabei fallen, sind ihr zu ungenau definiert und die Versprechungen kennt sie seit den 1990er Jahren. Für sie ist LTE eine Technologie, die sich auf die Suche nach einem Problem gemacht hat.

"In diesem Fall geht es nur darum, dass Firmen versuchen ihr Equipment zu verkaufen", meint Zweig. "Ihr Markt ist bis zu einem gewissen Grad bereits gesättigt, vor allem in den entwickelten Ländern. Trotzdem müssen sie ihr Zeug loswerden. Also bewerben sie neue Techniken und geraten dabei ganz aus dem Häuschen. Die Wachstumsmärkte haben derzeit aber mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Ich meine, ich lese die Zeitung und da steht, dass Menschen in sehr armen Ländern sich den Reis nicht mehr leisten können. Also was werden die wählen: LTE oder eine Schale Reis?"

Hör-Tipp
Matrix, Sonntag, 6. Juli 2008, 22:30 Uhr

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