Schauspiellehrerin für Generationen

Susi Nicoletti wäre 90

Sie war hochmusikalische Komödiantin und Grande Dame in einer Person, konnte dazu noch tanzen und blödeln in einem, war Chansonnière, Filmstar und eine wunderbare Lehrerin. Am 3. September 2008 wäre Susi Nicoletti 90 Jahre alt geworden.

Romy Schneider, Heinz Rühmann, Nina Proll und Klaus-Maria Brandauer haben eines gemeinsam: Sie waren zumindest einmal Susi Nicolettis Filmpartner. Auch Senta Berger, Erika Pluhar und Klaus Wildbolz verbindet etwas: Sie wurden von ihr unterrichtet. Susi Nicoletti kannte sie alle - die Stars von gestern, von heute und auch so manche von morgen. Vor drei Jahren starb die Grande Dame der Schauspielkunst, am 3. September 2008 wäre sie 90 Jahre alt geworden.

Eine Wiener Institution

In der Theaterstadt Wien war die gebürtige Münchnerin, die sich nach eigenen Worten "sofort in Wien verliebt" hatte, eine Institution. "Susi Nicoletti war für Generationen Stil prägend, sie ist eine Grande Dame der Schauspielkunst", hatte sie Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) zu ihrem 85. Geburtstag gewürdigt.

"Sie war selbstlos und aufopfernd", erinnerte sich Otto Schenk nach ihrem Tod an die Kammerschauspielerin. "Sie war wie eine Heilige, wie eine Mutter. Man konnte mit ihr über alles reden", versicherte der langjährige Leiter des Theaters in der Josefstadt, in dessen Direktionszeit Nicoletti unter anderem die Madame Pernelle im "Tartuffe" und die Großmutter in "Geschichten aus dem Wiener Wald" gespielt hat.

Kindheit in Amsterdam

Geboren am 3. September 1918 in München als Tochter der Schauspielerin Consuela Nicoletti und des Reedereidirektors Ernst Habersack, übersiedelte Susi Nicoletti im Alter von drei Jahren mit ihren Eltern nach Amsterdam, wo sie bis 1927 lebte. Wieder zurück in München erhielt das Mädchen Tanzunterricht und besuchte so oft wie möglich das Theater.

Bereits im Alter von 13 Jahren bestritt sie ihre ersten öffentlichen Auftritte: Sie tanzte kleine Rollen in Kindermärchen der Münchner Kammerspiele. Mit 15 Jahren erhielt Nicoletti einen Jahresvertrag als Solotänzerin an der "Münchner Opernbühne".

Zum Sprechtheater kam Nicoletti, als sie sich im selben Jahr der Kabarett-Gruppe "Die Weißblaue Drehorgel" anschloss und im Münchner Residenztheater als Statistin aushalf. Ein Jahr später besuchte sie die Schauspielschule von Magda Lina im Maximilianeum der bayerischen Hauptstadt. Es folgten mehrere Engagements an deutschen Bühnen.

Vom Mädel zur feinen Dame

1940 wurde sie ans Wiener Burgtheater engagiert. Sie debütierte in Hermann Bahrs "Der Franzl" als Partnerin von Paul Hörbiger. Neben ihren zahlreichen Bühnenrollen - allein an der Burg waren es an die hundert - drehte sie seit 1939 immer wieder Filme, insgesamt mehr als 90, darunter "Hallo Dienstmann" und "Mariandl", denn "Nicht alles war Theater", wie sie ihre 1997 veröffentlichten Erinnerungen nannte.

Am Burgtheater, wo sie Ehrenmitglied des Hauses war, und bei den Salzburger Festspielen - sie debütierte 1946 als Smeraldina in Goldonis "Diener zweier Herren" - profilierte sich Nicoletti vom "Mädel" zur feinen Dame, wie etwa zur Marchesa in Pirandellos "Heinrich IV.". Im Laufe ihrer Karriere spielte sie mit vielen Großen des zeitgenössischen Theaters und Films.

Nachhaltiger Einfluss als Lehrerin

Daneben hat die in zweiter Ehe mit Burg- und Josefstadt-Direktor Ernst Haeussermann verheiratet gewesene Künstlerin auch als Tanz- und Schauspiellehrerin nachhaltigen Einfluss auf das heimische Bühnenleben genommen. Als ordentliche Professorin des Wiener Max-Reinhardt-Seminars unterrichtete sie über 800 Schüler, darunter Heidelinde Weis, Ute Lemper, Albert Fortell oder den heutigen Burgtheater-Direktor Klaus Bachler.

Nicoletti wurde für ihr Schaffen mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem "Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse", der "Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold", dem "Nestroy Ring", der Lebenswerk-"Romy" oder einem "Undine-Award" für ihr Lebenswerk als Nachwuchsförderin. Kurz vor ihrem Tod wurde ihr das Goldene Ehrenzeichen der Stadt Wien verliehen.

"Ich hatte närrisches Glück im Leben, denn ich hatte immer Menschen um mich, die etwas erreichen wollten", hatte Nicoletti zu ihrem 85. Geburtstag gesagt. Sie selbst habe "ja ständig was zu tun. (...) Ich liebe das Theater. Manchmal sitze ich im Theater und vergesse, wo ich bin, weil ich so mitlebe." Und auf den Tod angesprochen, antwortete sie damals ganz trocken: "Den Tod fürchte ich nicht." Susi Nicoletti starb am 5. Juni 2005 in Wien.

Hör-Tipps
Radiogeschichten, Mittwoch, 3. September 2008, 11:40 Uhr

Patina, Sonntag, 7. September 2008, 9:05 Uhr

TV-Tipp
"Susi Nicoletti - Mit Ernst unernst", Sonntag, 7. September 2008, 18:30 Uhr, 3sat

Link
Wikipedia - Susi Nicoletti