Neues vom "Petterson und Findus"-Erfinder

Der Katz-und-Maus-Spieler

Seine Bücher erzählen von schrulligen Außenseitern, die das Zeug zum Rolemodel haben, egal ob Pettersson oder Mama Muh. Ihre Lektüre bedeutet Aufklärung und Empowerment in subkutaner Form. Jetzt hat Norqvist zwei neue Helden in die Welt gesetzt.

Der Vater von "Pettersson und Findus" ist ein scheuer Mann, der nicht viel Aufhebens um seine Person macht. Da ähnelt der schwedische Schriftsteller Sven Nordqvist seiner Kinderbuch-Figur: dem schrulligen, alten Pettersson, der mit seinem frechen Kater Findus auf einem kleinen Hof irgendwo auf dem Land lebt. "Ich denke, Pettersson ist mein Alter-Ego", erzählt der 62-jährige Autor und Illustrator im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. "Er redet nicht sehr gerne, er möchte allein sein, und er arbeitet in seiner kleinen Werkstatt - das bin ich."

Nach 12 Bänden um das ungleiche Paar wandelt Nordqvist nun auf neuen künstlerischen Wegen. In seinem gerade erschienenen, für Kinder wie Erwachsene geeigneten Werk "Wo ist meine Schwester?" taucht der Leser ein in die Traum- und Gedankenwelt zweier Mäuse.

Fantastische Welt

Das Buch, das Nordqvist in dieser Woche erstmals persönlich in Deutschland vorstellte, hebt sich allein schon durch sein Spezialformat in fast doppelter DIN-A4-Größe vom bisherigen Schaffen des Künstlers ab. Wie durch eine fantastische Landschaft wandelt der Leser darin, und sein Auge erblickt dabei immer neue, absonderliche, witzige und rätselhafte Dinge: Winzige, mürrisch dreinblickende Indianer, die auf einer Schlange durchs Gras reiten. Ein Frosch, der Tischtennis mit einer alten Dame spielt. Kühe, die ganz offensichtlich schwer betrunken und sehr heiter auf ihrer Weide sitzen. Dazwischen der Mäuserich, der zusammen mit seinem Großvater im Fantasie-Reich auf der Suche nach seiner verloren gegangenen Schwester ist.

Was wird aus Findus und Pettersson?
Ob es überhaupt einen weiteren "Pettersson und Findus"-Band geben wird, das weiß Nordqvist selbst noch nicht genau. "Jetzt will ich erst einmal andere Dinge machen, mich anderen Stilrichtungen und Techniken widmen." Den weltweiten Erfolg der "Pettersson und Findus"-Bücher, die in 29 Sprachen übersetzt wurden, findet Nordqvist bis heute überraschend und "etwas merkwürdig, weil die Umgebung doch so typisch schwedisch ist", wie er meint. "Aber ich glaube, das Zentrale der Bücher ist die Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn oder zwischen dem Großvater und dem Enkel", erklärt der Autor.

"Ich schrieb und zeichnete die meisten Pettersson-Bücher, als meine zwei Kinder selbst noch klein waren. Es hat mich inspiriert, sie während meiner Arbeit fast den ganzen Tag um mich zu haben", erzählt Nordqvist. "Deshalb ist es heute schwieriger, einen neuen "Pettersson und Findus"-Band zu schreiben, weil meine Söhne nun erwachsen sind. Ich warte also auf Enkel", meint er schmunzelnd. "Es könnte sein, dass es ein weiteres "Pettersson"-Buch geben wird, aber es ist nicht sicher."

Alte Idee
Bereits vor 25 Jahren, "bevor ich die "Pettersson"-Bücher begann", habe er die Idee für "Wo ist meine Schwester?" gehabt. "Dieses Buch ist etwas speziell, weil ich darin meinem Sinn für Logik nicht besonders ausgeprägt einsetze. Ich habe nicht über eine bestimmte Geschichte nachgedacht." Auf diese Art sei eine Art bebilderter Traum entstanden, "weil ich mein Unterbewusstsein arbeiten ließ". Es sei wichtig, Kindern zu zeigen, "dass es erlaubt ist, frei zu denken und dass sie nicht immer logisch sein müssen. Ich finde es ist wichtig, seinen Geist freizulassen und Fantasie zuzulassen."

Der mit seiner Frau in Stockholm lebende Künstler zieht jeden Sommer für drei Monate aufs Land. "Die Natur ist wichtig für mich. Immer wenn es mir nicht so gut geht, ist sie ein heilsamer Ort für mich", sagt er. "Im Sommer liebe ich es, in meiner Werkstatt mit Holz zu arbeiten und zu tischlern - wie Pettersson." Holz-Skulpturen von Nordqvist stehen in schwedischen Schulen, Krankenhäusern und Büchereien. "Ich arbeite eigentlich nicht sehr viel. Aber dieses neue Buch mochte ich so gerne, dass ich zwischen 8 und 12 Stunden pro Tag daran arbeitete."

Norquvist der auf Aufklärer
Meist spielen Tiere die Hauptrollen in Nordqvists Arbeiten, er selbst hatte früher Katzen. "Als wir noch in einem alten Haus auf dem Land lebten, konnte ich die Mäuse hinter den Wänden hin und her rennen hören", erzählt er. Und manchmal habe er das Gefühl gehabt, dass in seiner Werkstatt Dinge wie von Zauberhand verschwinden. "Da dachte ich mir, da muss es kleine Wesen geben, die mir die Sachen stehlen" - genau solche Wesen, wie sie in all seinen Büchern auftauchen.

Pädagogische Botschaften will Nordqvist in seinen Büchern nicht vermitteln: "Das ist so langweilig!" Im ersten Pettersson-Band "Eine Geburtstagstorte für die Katze" habe sich das aber zum Beispiel ganz beiläufig entwickelt. "Da geht es um diesen alten, seltsamen Mann, über den die Leute hinter seinem Rücken lachen. Ich wollte zeigen, dass man nicht schlecht über ungewöhnlich handelnde Menschen reden soll, wenn man überhaupt nicht weiß, warum sie sich so verhalten."

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Buch-Tipp
Sven Nordqvist, "Wo ist meine Schwester?", Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg

Link
Oetinger - Wo ist meine Schwester