Wenn die Verdauung rebelliert
Reizmagen und Reizdarm
Bis zu 20 Prozent der Bevölkerung leiden an funktionellen gastrointestinalen Störungen, wie Reizdarmsyndrom und Reizmagen. Diese Beschwerdebilder sind sehr oft mit Arbeitsunfähigkeit und Verminderung der Lebensqualität verbunden.
8. April 2017, 21:58
Zu den funktionellen gastrointestinalen Störungen (FGIS) zählen das Reizdarmsyndrom, auch Colon irritabile genannt, und die so genannte funktionelle Dyspepsie, der sogenannte "Reizmagen". Charakteristisch ist, dass die Beschwerden im Magen-Darmtrakt wie z.B. Schmerzen, Durchfall oder Verstopfung sehr drastisch sein können, ohne dass dafür eine organische Ursache gefunden werden kann.
Weltweit leiden bis zu 20 Prozent der Bevölkerung an funktionellen gastrointestinalen Störungen. Dabei unterscheiden sich die Industrieländer nicht wesentlich von den Ländern der Dritten Welt. Lediglich das Geschlechterverhältnis ist in Entwicklungsländern deutlich "zugunsten" der Männer verschoben. In Indien beispielsweise sind mehr Männer als Frauen von funktionellen gastrointestinalen Störungen betroffen, während bei uns viel häufiger Frauen an FGIS leiden.
Ein sehr verbreitetes Problem
Funktionelle gastrointestinale Störungen (Reizdarmsyndrom und Reizmagen) zählen zu den häufigsten Erkrankungen, mit denen sich Patienten an niedergelassene Ärztinnen und Ärzte wenden.
Oft geht die Erkrankung mit Arbeitsunfähigkeit und Verminderung der Lebensqualität einher. Dazu kommt, dass viele Betroffene zusätzlich mit psychischen Problemen wie Angst und Depressionen zu kämpfen haben.
Die Ursachen für diese Störungen im Verdauungstrakt sind noch nicht gänzlich geklärt. Ein gesteigertes viszerales Schmerzempfinden - d.h. eine erhöhte Empfindlichkeit des Magen-Darmtrakts z.B. auf normale Dehnungsreize - dürfte der Angelpunkt der Krankheit sein. Auslöser der Beschwerden sind häufig Stress, Ärger oder Angst, aber auch Infektionen und bestimmte Nahrungsmittel. Es gilt, diese so genannten Trigger herauszufinden und zu vermeiden.
Das häufigste Symptom sind Schmerzen
Kardinalsymptom des Reizdarm-Syndroms ist der dauernde oder wiederkehrende Schmerz. Dieser wird typischerweise durch Stress verstärkt und löst sich häufig nach Stuhlentleerung. Dazu kommen Durchfälle oder Verstopfungen - nicht selten auch beides in abwechselnder Folge.
Imperativer Stuhldrang, Blähungen und Völlegefühl sowie das Gefühl der unvollständigen Darmentleerung machen den Betroffenen das Leben schwer. Blut im Stuhl, Blutarmut, ungewollte Gewichtsabnahme oder Fieber sollten als Alarmsymptome gewertet und entsprechend abgeklärt werden.
Professionelle Abklärung hilft unnötiges Leid sparen
Betroffene haben oft bereits einen langen Leidensweg mit einer Unzahl von Untersuchungen hinter sich, bis sie an professionelle Hilfe gelangen. Eine gezielte Befragung in Bezug auf die Symptome, aber auch hinsichtlich der psychosozialen Situation (aktuelle Belastungen, Stress, traumatische Erlebnisse, etc.) und der möglichen Auslöser der Beschwerden können den ersten Schritt zur Diagnose darstellen.
Allerdings gehören auch bestimmte Untersuchungen (Blutbefunde) zum diagnostischen Programm, um andere in Frage kommende Erkrankungen auszuschließen, v.a. dann, wenn eines der oben erwähnten Alarmsymptome vorhanden ist. Im Wesentlichen wird die Diagnose FGIS jedoch auf Grundlage der ROM-Kriterien gestellt. Dabei handelt es sich um von einer interdisziplinären Expertengruppe in Rom zusammengestellte Leitlinien zur Diagnose und Therapie von funktionellen gastrointestinalen Störungen.
Umfassendes Therapiekonzept vonnöten
Wichtigste Grundlage der Therapie ist eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung mit einer kontinuierlichen und langfristig geplanten Betreuung. Erster Schritt der Behandlung ist die Aufklärung der Patientin oder des Patienten, dass es sich um keine bösartige oder gefährliche Erkrankung handelt. Damit nimmt man den Betroffenen häufig einen Großteil der Angst, die den Krankheitsprozess in Gang halten kann.
Weiters sollten die Patienten über mögliche auslösende Faktoren (Trigger) aufgeklärt und dazu angehalten werden, diese selbst zu beobachten und zu identifizieren. Das Vermeiden dieser Trigger wäre der nächste Schritt, den der Patient selbst in die Hand nehmen kann.
Hypnose sehr zielführend
Psychotherapeutische Maßnahmen zählen zu den wirkungsvollsten Behandlungsmethoden. Als besonders effizient hat sich die auf den Bauch gerichtete Hypnose herausgestellt. Mit beruhigenden Bildern wird versucht, die Darmfunktion zu normalisieren. Viele Betroffene profitieren auch langfristig davon.
Die medikamentöse Therapie der FGIS beschränkt sich auf die symptomatische Behandlung der Beschwerden. Der Einsatz von Antidepressiva zielt auf das Nervensystem des Darms ab, das ursächlich an der Entstehung der Erkrankung beteiligt ist.
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Hör-Tipp
Radiodoktor - Medizin und Gesundheit, Montag, 20. Oktober 2008, 14:20 Uhr