Musikerkennung via Handy

Welcher Song ist das?

Ob beim Friseur oder in einem Lokal: Man hört einen Song, der sofort fasziniert und den man gerne wieder hören möchte. Aber man hat keine Ahnung von Titel oder Interpret beziehungsweise Interpretin. Ein Griff zum Mobiltelefon könnte helfen.

Ein Gerät, das meine Handschrift erkennen kann? Pah: meine Klaue sicher nicht. Und dass man mit Diktiersoftware Gesprochenes verschriftlichen kann, schön und gut, nur dass man dann länger an den Korrekturen sitzt als wenn man gleich getippt hätte. Und jetzt Mobiltelefone, die anhand von wenigen Sekunden ein Musikstück erkennen können. Ich habe auf meinem iPhone die Gratis-Software "Shazam" installiert, die im Hintergrund vieler Musik-Erkennungsprogramme läuft.

Einfaches, Schwieriges und Vertracktes

Auf ein Abenteuer stilvollen Scheiterns habe ich mich eingerichtet und mal mit Einfachem begonnen - mit einem alten Hadern von Nick Cave aus der heimischen Stereoanlage. Nach wenigen Sekunden erscheint auf dem Handy das Cover der CD mit genauen Labelangaben und einem Link, um den Song im iTunes-Store zu kaufen.

Dann also Schwierigeres: Ein ganz neuer Titel der Jazzerin Esperanza Spalding: klappt auch wie am Schnürchen. Dann versuche ich es mit Vertracktem, mit einem alten Titel eines schrägen Szene-Deutschen. Jetzt blieb mir langsam die Spucke weg: Selbst "Ich habe einen Arbeitsplatz vernichtet" von Fanny van Dannen erkennt das Programm und liefert einen Youtube-Link. Ein Klick darauf und ich sehe auf dem Handy das Video eines Live-Auftritts.

Tolle Datenbank

Bis jetzt war die Tonqualität des Gebotenen 1a, wie aber würde das Shazam-Programm in freier Wildbahn funktionieren? Testort: ein Einkaufszentrum, der Fließband-Hip Hop ist mehr erahn- als hörbar. Ein Herr Ne-Yo rappt da, sagt mir das Programm, den Klick auf den Video-Link untersage ich mir und mache mich auf in die Disco. Viele Menschen, viel Wirbel, sehr laute Musik. Und endlich einmal kommt ein "leider nicht erkannt".

Ich versuche es bei diesem Stück, der 80er-Jahre-Hymne "Blue Monday" von New Order, ein zweites Mal, dann kommt das Cover und korrekte Angaben. Tolle Datenbank, tolle Algorithmen. Wenn gesungen wird, funktioniert das Programm besser, erkennt auch 80er-Kuriositäten wie den "Türkenblues" von Abwärts oder "Osten währt am längsten" von Daf.

Auch beim Fernsehen

Naive Begeisterung ist ein Zustand, der mich selten erfasst, in diesem Moment aber schon. Handy Richtung Lautsprecher halten, Titel am Display. Wenn man das halbwegs dezent macht, kann man sich richtig als Musikkenner profilieren. (Und hält man das Telefon auffällig Richtung Boxen, hat man bald ganz viele interessierte Freunde.)

Es funktioniert auch beim Fernsehen. Eine romantische Szene in der Serie "The L Word", dazu eine markante Nummer. Im Fernsehen reden sie zwar nicht dazwischen, aber die zwei Damen stöhnen doch merklich. Shazam macht das nichts aus. Das Programm liefert auch hier den korrekten Titel.

Wie das funktioniert?

Die Programmierer erzeugen von jedem gespeicherten Lied eine Art Fingerabdruck aus Klangfarbe, Tempo und Instrumentierung. Sechs Millionen Songs hat Shazam mittlerweile in seiner Datenbank. Abgefragt wird sie über Internet. Wer keine bösen Überraschungen auf seiner Telefonrechnung erleben will, sollte sich vorher bei seinem Mobilfunkanbieter nach den Verbindungskosten erkundigen.

Klassikfreunde werden mit Shazam allerdings wenig Freude haben, die Software konzentriert sich auf moderne Kompositionen.

Wer kein eigenes Programm auf seinem Handy installieren will, für den gibt es die A1-Musikerkennung. 0900 22 11 22 wählen, das Handy zum Lautsprecher halten und nach kurzer Zeit bekommt man Künstler und Titel des Liedes per SMS zurück. Die Kosten: maximal 61 Cent pro Abfrage, allerdings nur, wenn sie ein Ergebnis liefert.

Hör-Tipp
Digital.Leben, Montag bis Donnerstag, 16:55 Uhr

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