Vermeintlich frei

In der Smartphone-Falle

Daumen drehen, das war ein Ausdruck für Faulenzen. Wer heute mit dem Daumen dreht, der arbeitet, indem er an einem Rädchen dreht, das zu einem Blackberry gehört. Vor allem Frauen sehen in Tools wie dem Blackberry eine Erhöhung ihrer Lebensqualität.

Freiheit und Flexibilität sind schöne Wörter. Sie klingen nach Ungebundenheit, man denkt an einen Autowerbespot: An einen Wagen, der lautos durch eine reiche Naturlandschaft rauscht und es ergreift einen das Gefühl, dass man von überall aus arbeiten darf. Freiheit, ja das riecht nach Meer. Und Flexibilität ist toll, denn man kann sich ja alles einteilen und so ist plötzlich alles zu bewältigen.

Der Blackberry und alle anderen Geräte, die einem sofort alle E-Mails weiterleiten, bringen aber alles andere als Freiheit. Meiner Erfahrung nach wirken sie eher wie eine Fußfessel. Und Flexibilität bringt der Blackberry schon gar nicht - ganz im Gegenteil, er verlangt sie einem ab. Meine Freude darüber, keinen Blackberry mehr zu haben, hat drei Gründe: der eine ist die Dauererreichbarkeit, der zweite die Kraft die man bräuchte, um sich gegen seinen eigenen Impuls zur Dauerarbeit zu wehren, der dritte die ununterbrochenen Unterbrechungen.

Die Dauererreichbarkeit

Das Gefühl, aus dem Büro zu spazieren, und sei es nur, um frische Luft zu schnappen, tut gut und die damit verbundene Nicht-Erreichbarkeit zumindest via E-Mail ist ein kleiner Urlaub. Aber man muss doch auch als Blackberry-User nicht sofort reagieren? Leider falsch! Als Blackberry-Besitzerin wird 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche von einem erwartet, dass man binnen Minuten reagiert. Das Gefühl der Dauererreichbarkeit erzeugt einen Grundpegel an Angespanntheit.

Der Impuls zu Dauerarbeit

Wer auch nur annähernd dazu neigt, zu viel zu arbeiten, ertappt sich dabei, unnötig oft seine E-Mals zu checken. Wenn das beim Verlassen des Arbeitsplatzes nicht aufhört, wird es besorgniserregend. Mit Blackberry-Besitzern kann man sich kaum unterhalten. Nach spätestens vier Minuten - testen Sie es - nach spätestens vier Minuten dreht er oder sie am Rädchen, um zu sehen, was denn Neues im Postfach zu finden ist. Und das führt uns gleich zu Punkt drei:

Die ununterbrochenen Unterbrechungen

Nicht, dass es die Unterbrechungen nicht ohnehin gäbe, aber mit einem Blackberry ist es ein Desaster. Die Unterscheidung zwischen wichtig und unwichtig fällt weg - man ist nur noch impulsgesteuert. Manchmal hört man es schon klingeln oder piepen, bevor das E-Mail kommt. Man ist mit der Datenwelt besser synchronisiert, als mit der realen Welt. Das macht Angst. Und es kostet viel Geld.

Die New Yorker Technologiefirma Basex hat errechnet, dass 588 Milliarden Dollar verloren gehen durch die ständigen Unterbrechungen am Arbeitsplatz. Denn alle elf Minuten wird der durchschnittliche US amerikanische Büroangestellte unterbrochen - wenn nicht von jemand anderem, dann von sich selbst.

Hör-Tipp
Digital.Leben, Montag bis Donnerstag, 16:55 Uhr

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Blackberry „Storm“

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