Gespielte Tierstimmen

Tierisches in der Musik

Obwohl sich eine breite Spur von Tieren der unterschiedlichsten Art quer durch die Jahrhunderte der Musikgeschichte zieht, hat sich die Musikzoologie als wissenschaftliche Disziplin noch nicht so recht durchgesetzt. Der Versuch eines Überblicks.

Selbst ein kurzer Überblick über die Fauna in der Notenlandschaft der letzten Jahrhunderte sprengt den Rahmen jedes Artikels. Man denke allein an die Vogelwelt Olivier Messiaens.

Doch es lassen sich zumindest Grenzen abstecken. Das bedeutet nicht stilgeschichtliche Grenzen, sondern so Offenkundiges, wie die Erkenntnis, dass in der Instrumentalmusik mehr zu diesem Thema beigetragen wurde, als für Oper, Operette und Lied. Sicherlich jeder kennt Rossinis Katzenduett, den Vogelhändler, nicht nur den von Zeller, sondern auch den Mozarts, ebenso wie das eine oder andere Tierlied.

Wenn es aber um Nonverbales geht, nicht um Erzählung sondern um Nachahmung, besser um Charakterisierung, dann kommt man ohne die vielfältige Farbgebung von Instrumenten nicht aus. So etwa Prokfieff, der in seiner musikalischen Märchenerzählung rund um den kleinen Peter, den geschmeidigen Klang der Klarinette der Katze, die Oboe der Ente zuordnet, für die den Vogel die Flöte verwendet und den Wolf mit drohendem Hörnerklang schildert.

Ornithologisches

Einige beachtliche Exemplare der Musikfauna haben schon die Komponisten des Barock hervorgebracht. Vor allem jener Art, die den lateinischen Namen Avis trägt. Und der beliebteste unter den Vögeln, ist natürlich einer, der aus eigenen Kräften über so ein signifikantes Intervall verfügt, wie der Kuckuck. Wie oft sich sein Ruf in der abendländischen Musik spiegelt, das ergibt sicher eine rekordverdächtige Zahl. Schon in der Vorklassik und in ganz Europa.

Seltener findet sich das Huhn, das Jean Philippe Rameau überzeugend, musikalisch charakterisiert hat. Vielleicht weil es hier ein menschliches Vorbild hatte. Rameau wollte mit seinem Huhn das Portrait einer eifersüchtigen Frau entwerfen, deren Stimmung ständig wechselt, von lebhafter Koketterie zur Zärtlichkeit, dann mit wachsender Aufregung zur Leidenschaft, die sich schließlich beruhigt, um am Ende wieder einem zornigen Aufbrausen Platz zu machen.

Rameaus "Huhn"

Jahrhunderte später hat sich der Italiener Ottorino Respighi dieses Cembalostückes bedient und es mit anderen musikalischen Vogelnummern des Barock zu einer, von ihm instrumentierten Orchestersuite mit dem Titel "Gli Uccelli" (Die Vögel) zusammengefügt, in der er Rameaus "Huhn" mit einem Hahnenschrei enden lässt.

Übrigens gelang Respighi auch die unheimlich drohende musikalische Schilderung eines Gewimmels von Schlangen und zwar in seinen brasilianischen Impressionen, im zweiten Satz mit dem Titel: "In einem Schlagengarten nahe Sao Paulo".

Tierisches als Parodie

Zum Abschluss noch ein Hinweis auf die große zoologische Fantasie, die Camille Saint-Saens der Nachwelt geschenkt hat. Denn zu Lebzeiten vermied er Aufführung und Drucklegung seines "Carnaval des Animaux": Von den vierzehn Stücken für zwei Klaviere, Flöte, Klarinette, Harmonium, Xylophon und Streichquintett hat er nur den "Schwan" drucken lassen, den Anna Pawlowa als musikalische Basis für ihren legendären, von Fokine choreographieren Tanz verwendet hat. Der Rest erschien erst posthum, denn der Komponist hatte Sorge, eine Publikation könne seinen seriösen Ruf untergraben.

In diesem musikalischen Tiergarten - in dem sich gelegentlich auch Menschliches spiegelt - sind nicht nur Löwen, Hühner und Kängurus ausgestellt, befindet sich nicht nur ein Aquarium und ein Vogelhaus, sondern einzelne Exponate haben auch Titel wie "Fossilien", "Pianisten" und - "Persönlichkeit mit langen Ohren". Für den Elefanten bedient sich Saint Saens übrigens bei Berlioz (er verwendet ausgerechnet den grazilen "Sylphentanz" aus "Fausts Verdammnis") und für die Schilderung der sich quälend langsam bewegenden Schildkröten den "Can Can" aus Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt".

Die interessantes CD-Produktion davon ist vielleicht jene Aufnahme, für deren Besetzung die kammermusikalisch Struktur des Zyklus ernst genommen und das Streichquintett solistisch besetzt wurde und zwar mit: Gidon Kremer, Isabelle van Keulen, Tabea Zimmermann, Mischa Maisky und dem Solokontrabassisten der Berliner Philharmoniker, Georg Hörtnagel. Irena Grafenauer spielt Flöte, Eduard Brunner Klarinette und die beiden Pianisten heißen: Martha Argerich und Nelson Freire.

Hör-Tipp
Musikgalerie, Montag, 13. Oktober 2008, 10:05 Uhr