Rechtsfürsorge und Versuche ihrer Regelung

Die Sachwalter/-innen

Sachwalter und Sachwalterinnen helfen Menschen, die das selbst nicht mehr schaffen, bei der Regelung der Geschäfte des Alltags. Die Grenzen zwischen notwendigem Schutz und unnötiger Beschneidung der persönlichen Autonomie sind schwer zu ziehen.

Eine Sachwalterin bekommt Schmutz- und Gefahrenzulage. Ein Großtteil ihrer Arbeitszeit verbringen die Rechtsfürsorger in den Wohnungen ihrer Klienten: Menschen, deren Wohnungen mit Müll vollgestopt sind, die die Toilette nicht so benutzen wie man sollte, oder die durch einen plötzlichen psychotischen Schub aggressiv werden können.

Risikominimierung

"Wenn man Angst spürt, ist es besser, Unterstützung zu holen", meint die Sachwalterin Doris Kaufmann. Eine gute Selbstwahrnehmung hält sie für genauso wichtig wie Supervision und Schulungen durch den Verein für Sachwalterschaft.
Aber auch der Aufbau von intensiven Beziehungen zu den Klientinnen und Klienten kann helfen, das Risiko besser abschätzen und meist auch minimieren zu können.

Während sich Gewalttätigkeiten jedoch in der Minderzahl befinden, sind Konflikte im sozialen Umfeld überall zu finden. Doris Kaufmann ist froh, eine Zusatzausbildung als Mediatorin zu haben.

Was hat das alles mit Sachwalterschaft zu tun? Ist es nicht Aufgabe einer Sachwalterin, ihre Klienten in rechtlichen Angelegenheiten zu vertreten - und Punkt?

Beziehung als Basis

Nehmen wir zum Beispiel eine pflegebedürftige, demente ältere Dame, die noch zu Hause wohnt: Sie ist körperlich nicht mehr in der Lage, sich allein zu duschen und einkaufen zu gehen, das heißt, sie braucht eine Heimhelferin, eine Hauskrankspflege und mangels Angehöriger einen Besuchsdienst. All das muss erst beantragt und abgerechnet werden.

Auch ein Vertrag mit einem neuen Stromanbieter und die Beantragung des Pflegegeldes stehen an. Das alles zu durchschauen ist die demente Frau geistig nicht mehr imstande; würde sie alleine etwas unterschreiben, wären die Verträge nicht rechtskräftig. Daher braucht sie eine rechtliche Stellvertretung, eine Sachwalterin oder einen Sachwalter.

Doris Kaufmann: "Ich kann die Klientin rechtlich nur dann gut vertreten, wenn ich sie gut kennenlerne und weiß, welche Bedürfnisse sie hat. Wenn ich zum Beispiel einen Besuchsdienst organisiere, wo die Chemie nicht stimmt, dann habe ich spätestens nach zwei Wochen einen Riesenkonflikt."

Zwischen Fürsorge und Überbefürsorgung

Sachwalterschaft stellt einen Schutz für die Klientinnen und Klienten dar. Manche sind einfach froh um diese Unterstützung, andere, besonders junge psychisch Kranke fühlen sich aber zum Beispiel durch die Verwaltung ihres Geldes bevormundet und wehren sich dagegen.

Und tatsächlich handelt es sich um eine schwierige Gratwanderung zwischen notwendigem Schutz und Einschränkung der Autonomie einer Person. Sachwalterschaft, so definiert es das Prinzip der Subsidiarität, darf daher auch nur das letzte Mittel sein, wenn alle anderen Hilfsangebote nicht ausreichen.

Hör-Tipp
Journal Panorama, Montag, 27. Oktober 2008, 18:25 Uhr

Links
VertretungsNetz - Sachwalterschaft, Patientenanwaltschaft, Bewohnervertretung
Offizieller Amtshelfer - Sachwalter
HPE - Hilfe für Angehörige und Freunde psychisch Erkrankter
Rechtsanwaltskammer Wien
Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie
Doris Kaufmann, Mediation und Coaching