Wegen der Intelligenz
Eberhard Petschinka, Hörspielautor
Der Wiener Eberhard Petschinka, der als Maler, Schriftsteller und Regisseur arbeitet, zählt mittlerweile zu den erfolgreichsten Hörspielautoren des deutschen Sprachraums. An Ö1 schätzt er besonders die Berichte, die die Intelligenz ansprechen.
27. April 2017, 15:40
Wenn man - wie ich - aufgewachsen ist mit der Intensität von Popsongs wie "Jumpin' Jack Flash" und "Street Fighting Man", mit gewissen Gitarrensoli von Jimmy Page und Jimi Hendrix, mit den Schreien von Janis Joplin, mit der Ironie von Frank Zappa... Und wenn man in früher Jugend Cassius Clay boxen gesehen und staunend den Märchen von der Mondlandung gelauscht hat, dann... ja dann hat es jedes Radio schwer, das beinah ausschließlich auf Hochkultur setzt. Und zwar auf jene Hochkultur, die in der Festung Europa für erhabene Gefühle sorgen soll, und ablenken helfen von dem Lärm an den Grenzzäunen, den Schüssen, den Razzien und den leeren Booten, die an unseren Küsten stranden.
Damals war völlig klar: Ö1 - das ist kein Sex, keine Drogen und kein Rock'n'Roll. Erst während meines Philosophiestudiums in den 1980er Jahren entdeckte ich Ö1. Ich begriff: Dort sind Berichte, die die Intelligenz ansprechen, nicht nur das Lebensgefühl. Und ich blieb bei Ö1, und zwar wegen der Literatur- und Wissenschaftssendungen, wegen der Reportagen, wegen der Nachrichtenjournale...
Was ich haben will? Etwas mehr Gegenwart in der Musik. Etwas mehr von all der Musik, die in Wien lebendig ist - also mehr Balkan, mehr Afrika, mehr Russland... Etwas mehr von dem, was auf "freie Radios" verbannt und also als dort beheimatet bezeichnet wird: die Grund- und Untergrundberichterstattung, die O-Töne der Lesben, der Schwulen, der Kurden, der Tschetschenen, der Bankräuber, der Diamantenhändler, der Prostituierten, der Au-pair-Mädchen etc. Ich wünsche mir weniger Berührungsangst vor dem Alltag und den Leuten in den Betrieben und auf der Straße. Ich wünsche mir mehr Mut, das Gegenwärtige zum Ausdruck zu bringen.
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