Was ändert sich für den Balkan?

Obama und Südosteuropa

Auf die Wahl von Barack Obama zum neuen US-amerikanischen Präsidenten reagierten die Medien in Süd-Osteuropa unterschiedlich - entsprechend der nationalen Interessen. Einige hoffen (vielleicht zu) viel, die anderen zeigten sich zurückhaltend und "realistischer".

Die Medien in Südosteuropa sind am Mittwoch, dem Tag nach den Präsidentschaftswahlen in den USA, in ihren ersten Reaktionen auf den neuen US-Präsidenten, Barack Obama, zurückhaltend geblieben. Die Aufmacher gaben einfach nur an, dass "Barack Obama der neue amerikanische Präsident" sei oder so ähnlich.

Die ersten Artikel brachten Agenturberichte und wiederholten den allgemeinen Ton der Medien weltweit, der an Obamas Slogan "Change" hielt. Noch ist nicht klar, ob die Enttäuschung über George Bush überwiegt, oder die Unsicherheit, wie Obama seinen Wandel umsetzen will.

Eine Frage des Blickwinkels

Die Haltungen gegenüber den USA unterscheiden sich in Südosteuropa sehr stark von Land zu Land. Während sich die Kroaten als Mitglied des Westens fühlen, tendieren die Serben in Richtung Russland. Die NATO-Angriffe auf Serbien im Jahr 1999 im Kosovo-Krieg verstärkten die serbische Reserviertheit gegenüber den USA.

Die letzten Entwicklungen, die zur Unabhängigkeit des Kosovo führten, haben diese Einstellung noch weiter verstärkt. Diese Differenzierung gilt auch für Bosnien-Herzegowina. Die Kroaten und Bosniaken neigen sich den USA zu, die bosnischen Serben hoffen auf die Unterstützung durch Russland.

So gesehen haben die Kroaten und Bosniaken weniger in Bezug auf die USA zu verlieren als die Serben mit dem neuen Präsidenten gewinnen könnten. Man hofft jedenfalls, dass der Demokrat Obama mehr Verständnis für die Probleme der Serben haben wird.

Diferenzierterer Blick

Schon am zweiten Tag nach den Wahlen konnte man bereits in den Titeln diese unterschiedlichen Einstellungen lesen. "Ein größeres Interesse für den Balkan", berichtete der Radiosender B92 aus Belgrad. B92 zitierte den ehemaligen amerikanischen Botschafter in Belgrad, William D. Montgomery, der sagte, dass sich im Grunde die US-amerikanische Balkan-Politik mit der Wahl von Obama nicht ändern werde, aber er gab zu, dass mit dem neuen US-Vizepräsidenten, Joe Biden, der als Experte für diese Region gilt, ein neues US-amerikanisches Interesse für den Balkan entstehen werde. Montgomery schätzt, dass mit der neuen US-Führung die Probleme der Region nicht einfach der EU überlassen werden würden.

In seinem Glückwunsch an Obama hat der serbische Präsident Boris Tadic seine Überzeugung geäußert, dass die neue US-amerikanische Politik mehr Verständnis für ein Serbien haben werde, das sein legitimes Interesse mit friedlichen und diplomatischen Mitteln durchsetzen würde.

Nüchterne Kommentare aus Kroatien

Die Kroaten, die über ihre bisherige Beziehung zu den USA nicht klagen können, zeigten etwas mehr "analytischen" Geist und versuchten die Entwicklungen in den USA vorsichtiger zu sehen. "Wir sollten die Euphorie mäßigen: Mit Barack Obama fängt die neue Zeit nicht an", äußerte sich Ivan Grdesic, Politologe der Universität in Zagreb, wenngleich er zugesteht, dass für die USA selbst diese Wende sehr wichtig sei, wie man im kroatischen Web-Portal Index.hr lesen kann.

Ein Kollege von der philosophischen Fakultät in Zagreb war noch radikaler in seinen Kommentaren. Seiner Meinung nach "hat das Vorurteil gegenüber dem Alter über das Vorurteil gegenüber der Hautfarbe gewonnen". Auch erinnerte er an die Worte von Sarah Palin die kritisiert hatte, dass Obama mit seinen 47 Jahren zwei Autobiografien, aber noch keinen Gesetzesentwurf verfasst habe.

Die Belgrader Zeitung "Politika" schrieb: "Serbien: Zwischen Hoffnung und Zweifel". In dieser Hinsicht ist sich Südosteuropa und der Rest der Welt ausnahmsweise einig.