Kompromisslos Koller

Die Vaterfigur des österreichischen Jazz

Der Saxofonist Hans Koller (1921 bis 2003), erster international renommierter Jazzmusiker aus Österreich, wird in den letzten Jahren von jungen Jazzer-Generationen wiederentdeckt. Der Wiener Musiker war kein Mann der Kompromisse.

"Das geht nicht durch meine Röhrn": Auf diese berühmte Formel hat Hans Koller (1921-2003) einst seine Weigerung gebracht, andere als solche Töne zu intonieren, mit denen er sich restlos identifizieren konnte.

Ja, der Wiener Saxofonist war kein Mann der Kompromisse. In den Nachkriegsjahren vom damaligen New Yorker Cool-Jazz-Zirkel um Lennie Tristano beeinflusst, suchte Koller früh die Distanz zu kommerziellen Klängen: Im Herbst 1950 verließ er über Nacht Horst Winters "Wiener Tanzorchester", ging zu Freddy Brocksieper nach München und landete bald darauf in Frankfurt, der "Hauptstadt des deutschen Jazz" der 50er-Jahre, von wo aus er zu einer der Zentralgestalten des europäischen Jazz aufstieg.

Synonym für deutschen Jazz

Kollers Wiener Herkunft zum Trotz wurde "Jazz in Kollerland" (eine Begriffsprägung Ernest Bornemanns in der britischen Zeitschrift "Melody Maker") international zum Synonym für deutschen Jazz.

Hans Koller ist indessen stets ein Hungriger geblieben: Er, der 1958 zu malen begann, experimentierte ab den 1960er-Jahren - auch per Overdub-Verfahren - mit mehrstimmigen Saxofonaufnahmen, die noch heute Modernität und Originalität ausstrahlen.

Zurück in Wien

In den 1970ern, zurück in Wien, beschäftigte sich Koller im Rahmen des "Free Sound"-Quartetts als einer der wenigen seiner Generation (auch mittels grafischer Partituren) mit freier Improvisation. In den 90er-Jahren, als es still um ihn geworden war, wurde Koller wiederentdeckt: durch den nach ihm benannten, ab 1997 vergebenen österreichischen Jazzpreis, durch Pianist Paul Urbanek, dank dem Hans Koller gegen Ende seines Lebens noch ein kleines Comeback auf der Konzertbühne erleben durfte.

Koller mutierte zur schillernden Vaterfigur des österreichischen Jazz, deren höchst eigenständige musikalische Leistungen der jungen Generation als wichtiger Bezugspunkt dienen.

Junge verehren Koller

Vor allem in der JazzWerkstatt Wien wird Koller hochgehalten. Clemens Salesny und Viola Falb sind die prononciertesten "Kollerologen" aus jenem seit 2006 Furore machenden Kollektiv: Letztere hat sich auch einen seiner Aussprüche als künstlerisches Motto zu Eigen gemacht: "Wenn ein Jazzmusiker das Gleiche spielt wie vor 40 Jahren, dann spielt er um 40 Jahre schlechter."

Hans-Koller-Preise 2008

Hans Koller ist auch Namensgeber des jährlich verliehenen European Jazz Prize. Die Auszeichnung wurde 1997 auf Initiative des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, der Stadt Wien, der Bank Austria, des SKE-Fonds und des Austrian Music Office ins Leben gerufen.

In diesem Jahr ging die mit 14.500 Euro dotierte Auszeichnung an den niederländischen Schlagzeuger Han Bennink. Die weitere Preisträger des Hans-Koller-Preises 2008 sind lder Pianist Fritz Pauer (Staatspreis für Improvisierte Musik, dotiert mit 11.000 Euro), die Saxophonistin Viola Falb (Newcomer des Jahres, dotiert mit 5.500 Euro) und der Gitarrist Martin Spitzer (Sideman des Jahres, dotiert mit 3.600 Euro). Die Preisverleihung fand am 28. November 2008 im Wiener im Jazzclub Porgy & Bess statt, wo Bennink tags darauf auch das traditionelle Konzert des Gewinners des European Jazz Prize spielte.

"Die Neugier auf Klänge hat ihn immer wieder zu spannenden Explorationen mit Holz- und Blechblasinstrumenten und zu Kollaborationen mit Musikern getrieben, die den Jazz-Kontext in Richtung europäischer improvisierter Musik erweitern", heißt es in der Jurybegründung über Han Bennink, Er sei "prägend für die Genese des europäischen Free Jazz" gewesen und erschließe in seiner Arbeit "immer wieder überraschende Einsichten in die Erlebniswelt des Jazz und der improvisierten Musik".

Als "CD des Jahres 2008 (dotiert mit 3.600 Euro) wurde das Album "Alma" (material records) von Martin Reiter ausgezeichnet. Das New York Stipendium 2008 (dotiert mit 7.300 Euro) erging je zur Hälfte an die Saxophonistin Barbara Paierl und den Saxophonisten Fabian Rucker.