David Röthler über Finanzierung des Qualitätsjournalismus

Community Funded Reporting: Spot.us

Der Qualitätsjournalismus steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Ein Teil der Krise ist auf den wenig gewinnbringenden Internetvertrieb, aufgrund relativ niedriger Werbeeinnahmen, zurückzuführen, die eine Querfinanzierung von Print zu Online erfordern.

Der Qualitätsjournalismus steckt in finanziellen Schwierigkeiten. So verkündete die "Neue Zürcher Zeitung" Anfang des Jahres, dass "Verwerfungen auf den internationalen Finanzmärkten und die stark abkühlende Wirtschaftslage" zu Einsparungen zwingen würden: "Im Vordergrund stehen dabei die Reduktion von Herstellungskosten, die konsequente Effizienzsteigerung und die Nichtbesetzung vakanter Stellen. Leider kommt es aber auch zu einem Abbau von 24 Vollzeitstellen (29 Personen), der sich über alle Unternehmensbereiche verteilt."

Ein Teil der Krise ist auch auf den wenig gewinnbringenden Internetvertrieb, aufgrund relativ niedriger Werbeeinnahmen, und die daraus resultierende Querfinanzierung von Print zu Online zurückzuführen. Allerdings wurden dank Internet noch nie so viele Medieninhalte - auch der NZZ - konsumiert wie heute. Daher schlägt David Carr in den "New York Times" iTunes für Nachrichten vor. iTunes ist eine Softwarelösung von Apple zum Download, Abspielen und Kauf von Musik und Filmen.

Auf der Suche nach Einkommensquellen

Eine Flatrate für den Journalismus - eingehoben als Abgabe über die Internetzugangsprovider - überlegt Wolfgang Michal: "Die Verlage sparen und die kleinen Netzproduzenten schlittern - wenn sich ihre prekäre Situation weiter verschärft - in eine Schaffenskrise. Ohne Moos nix los. Das Ergebnis wäre ein technisches, journalistisches und demokratisches Entwicklungsdefizit, das sich eine auf Erneuerung abonnierte Gesellschaft eigentlich nicht leisten kann."

Da die Finanzierungsmodelle über das Internet (noch) nicht funktionieren, ist es ein spannender Ansatz, eine Einkommensquelle zu finden, die nur über das Internet mit seinem vernetzenden und Online-Communities bildenden Charakter erfolgreich sein kann. Das Stichwort dafür lautet "Crowdfunding" und bewährte sich zum Beispiel bei SellaBand, einer Plattform, über die CD-Produktionen von Musikgruppen durch ihre Fans mit geringen Beiträgen finanziert werden.

Die Internetplattform Spot.Us

Vor wenigen Monaten startete David Cohn die Internetplattform Spot.Us in San Francisco, die das Konzept von Sellaband auf den Journalismus als "Community Funded Reporting" zu übertragen versucht. Tipps von Bürgerinnen und Bürgern werden von professionellen oder "self-identified freelance journalists" aufgegriffen, die daraufhin ein entsprechendes Artikelkonzept vorstellen.

In einem ersten Schritt werden lediglich Zusagen für Spenden in der Höhe von 500 bis 750 Dollar in 25-Dollar-Schritten für die Artikel gesammelt. Sobald die Zusagen die Gesamthöhe erreicht haben, wird das versprochene Geld gespendet und die Arbeit kann beginnen.

Die Artikel - bisher sind hauptsächlich Umwelt- und Sozialthemen zu finden - werden unter eine Creative-Commons-Lizenz gestellt und können von Medien veröffentlicht werden. Die Plattform bleibt vorläufig auf Lokaljournalismus beschränkt, soll aber auch in anderen US-Städten gestartet werden.

Journalismus und Demokratie

Über die Motivation schreibt der Gründer David Cohn in seinem Weblog folgendes: "Journalism hasn’t had it easy lately. But journalism MUST survive the death of its institutions. I earnestly believe that journalism, as a process, plays an integral role in our local democracies. I hope Spot.Us can play a small part in making sure we continue to move forward in that vein."

Die erste über die Plattform finanzierte Reportage handelt von Obdachlosen in der San Francisco Bay Area im Zuge der Rezession. Insgesamt 550 Dollar sind dafür - einkommensteuermindernd - von 19 Spenderinnen und Spendern gesammelt worden.

Die Zeit drängt

So wertvoll unbezahlter Bürgerjournalismus auch sein mag: ausführliche Recherchen und redaktionelle Arbeit werden ohne entsprechende Entlohnung auf Dauer nicht möglich sein. Community-Funding ist auch eine interessante Option, die Beziehung zwischen Medien und Konsumenten zu stärken.

Diese experimentellen Projekte und Überlegungen sind noch im Anfangsstadium. Doch die Zeit drängt immer mehr. Die qualitätsjournalistische Zukunft wird nur durch einen neuen Finanzierungsmix sichergestellt werden. Community Funding und andere innovative Ideen können dabei zu neuen Einnahmequellen führen.

David Röthler ist Berater und Autor zum Thema "Neue Internetanwendungen" in Salzburg.

Links
Spot.us
Weblog des Spot.us-Gründers David Cohn
Let’s Invent an iTunes for News
Crowdfunding-Plattform Sellaband
Crowdfunding für Dokumentarfilme
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