Marketinginstrument oder Mittel im Kampf gegen die Krise?

Nachhaltigkeit in harten Zeiten

Langsam setzt sich auch bei Unternehmen die Erkenntnis durch: Unterlassener Umweltschutz kommt teuer. Für Unternehmen ist es jedoch wichtig, den Wert nachhaltigen Handelns messen zu können. Nachhaltigkeitsforscher haben dafür Messmethoden entwickelt.

Christine Jasch vom Institut für Wirtschaftsforschung

Umweltschutz ist nicht teuer. Unterlassener Umweltschutz kommt teuer. Diese Erkenntnis hat sich bei mehr und mehr Unternehmen durchgesetzt. Der Begriff "Nachhaltigkeit" ist im Wirtschaftsleben in den vergangenen Jahren Mode geworden. Mit Nachhaltigkeit ist eine Entwicklung gemeint, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt und gleichzeitig gewährleistet, dass auch zukünftige Generationen ihre Bedürfnisse befriedigen können.

Marketing oder ernsthaftes Konzept?

Ähnlich wie bei den Begriffen "bio" und "ökologisch" besteht auch bei dem Begriff der Nachhaltigkeit die Gefahr, als Deckmäntelchen für moralisch einwandfreies Wirtschaften missbraucht zu werden. Dabei zeigt sich, dass Firmen, die nachhaltig wirtschaften, besser wirtschaften und dabei durchaus gewinnorientiert ausgerichtet sein können. Mit einem Wort: Nachhaltigkeit rechnet sich. Die Nachhaltigkeitsforschung hat in den letzten Jahren objektive Maßzahlen eingeführt, die die Nachhaltigkeit auch für Unternehmensberichte messbar machen.

Nachhaltigkeit hat nicht allein mit Umweltschutz zu tun. Es gehören auch Programme zur Gesundheitsförderung dazu, Arbeitsschutz und Konzepte, die die sogenannte work-life-balance berücksichtigen, also die Möglichkeit für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, berufliche und private Anliegen in Einklang zu bringen.

Nachhaltigkeit in der Krise

Wenn ein Unternehmen nur danach strebt, den Gewinn zu steigern, ist das gerade jetzt in Zeiten der Krise gar nicht mehr gesellschaftsfähig, meint Christine Jasch, Leiterin des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung. Unternehmen könnten es sich gar nicht leisten, ethische Fragen zu vernachlässigen.

Ein Beispiel ist die Diskussion um die Bonuszahlungen an Manager von Konzernen, die Hilfe vom Staat benötigen. Wenn in den vergangenen Jahren Manager zig Millionen kassiert haben, wenn sie die Gewinne von Quartal zu Quartal in die Höhe getrieben haben, wird es jetzt nicht mehr toleriert, wenn sie auf Bonuszahlungen bestehen, auch wenn ihre Unternehmen ohne staatliche Hilfe nicht überleben könnten.

Kurzarbeit als Musterbeispiel

Unternehmen geraten in Bedrängnis. Um zu sparen, kündigen sie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Dieser Logik versuchen viele Unternehmen jetzt nicht zu folgen. Sie setzen auf die Kurzarbeit, für Wirtschaftsforscherin Christine Jasch ein Beispiel für angewandte Nachhaltigkeit. Firmen halten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit öffentlicher Unterstützung in Beschäftigung. Die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen verdienen weniger, behalten aber ihre Jobs und bleiben von den sozialen Folgen der Arbeitslosigkeit verschont.

Unternehmen denken langfristig und bereiten sich auf die Zeit nach der Krise vor. Dann werden sie die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen brauchen und müssen nicht neue Leute suchen und anlernen. Kurzarbeit ist also eine Form nachhaltigen Wirtschaftens, deren Vorteile für alle Beteiligten offensichtlich ist. Nicht immer ist das allerdings so offensichtlich und leicht nachvollziehbar. Für Unternehmen ist es interessant, die Folgen ihrer Nachhaltigkeitskonzepte berechnen zu können.

Der ökologische Rucksack

Ein Beispiel sind Informationen darüber, wie viele Ressourcen und Rohstoffe ein Unternehmen braucht. Mittels Maßzahlen, wie dem ökologischen Rucksack, lassen sich dabei die wahren Kosten eines Produktes rechnen, also die Kosten von der Produktion über die Nutzung bis zur Verschrottung, es wird quasi das Produkt von der Wiege bis zur Bahre verfolgt. Mit verblüffenden Ergebnissen, erklärt Fritz Hinterberger vom Sustainable Europe Research Institute in Wien.

So ist bei einem Auto nicht allein entscheidend, wie viel Treibstoff es verbraucht. Es kommt auch darauf an, wie viel Energie für die Produktion eingesetzt wird. Bei manchen Autos fällt die Hälfte der gesamten Energiemenge, die ein Auto im Lauf seines Betriebs verbraucht, bei der Produktion an, sagt Fritz Hinterberger.

Nachhaltigkeit kennzeichnen
Diese Maßzahl des ökologischen Rucksacks kann Teil einer neuen nachhaltigen Kennzeichnung sein, die dem Konsumenten eine ökologischere Bewertung eines Produkts ermöglicht. Jörg Greimel ist Vorstand vom Baumarkt Baumax und Leiter einer Arbeitsgruppe, die eine standardisierte Messmethode der Nachhaltigkeit finden soll.

Konsumenten und Konsumentinnen sollen auf einen Blick erkennen, ob Produkte die Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen oder nicht. Als Beispiel nennt Greimel Kühlschränke, wo der Energieverbrauch an Hand von Effizienzklassen definiert ist. Heute sind Kühlschränke der Klasse D so gut wie unverkäuflich. Das gilt als Beispiel, wie man Kunden eine Entscheidungshilfe geben und nachhaltiges Wirtschaften beim täglichen Einkauf nachvollziehbar machen könnte.