Aufgeschlagenes Buch

ZOBL SCHNEIDER

Das Kunstprojekt Company

Arbeiten in Berndorf

Seit zwei Jahren besuchen Beatrix Zobl und Wolfgang Schneider regelmäßig das Firmengelände der Berndorf AG für ihr Recherche-, Kunst- und Diskursprojekt "Company. Arbeiten in Berndorf". Nun zeigt eine Ausstellung vor Ort erste Resultate.

Beatrix Zobl über die Arbeitswelt

Beatrix Zobl und Wolfgang Schneider wollten ein Verhältnis zum Kapitalismus finden, deshalb haben sie sich in seine Ur-Form begeben: die Firma. Das Unternehmen, das das Künstlerduo ausgesucht hat, ist ein traditionsreiches: die "Berndorfer Metallwarenfabrik" wurde 1843 gegründet und um die Jahrhundertwende von Arthur Krupp zu einem Unternehmen von Weltruf aufgebaut, das gar den Titel k.u.k. Hoflieferant tragen durfte.

Aus den Gewinnen der Besteck-Produktion wurden in Berndorf Schulen, ein Arbeitertheater und soziale Einrichtungen finanziert. Heute ist auf dem Gelände der Berndorf AG ein Gewerbepark, in dem ausgegliederte Betriebe der Mutterfirma angesiedelt sind. Dazu gehört auch die Firma Berndorf-Bäderbau, die Schwimmbecken aus Edelstahl fertigt.

Goldfische im Swimmingpool

Auf ein Glasfenster zwischen Besprechungszimmer und Werkhalle projizieren Wolfgang Schneider und Beatrix Zobl von beiden Seiten sichtbare Schwarzweiß-Portraits der Mitarbeiter. In der Kantine sind Fotos von verschiedenen Arbeitssituationen aufgehängt, ein Vorführ-Schwimmbecken wurde in ein Goldfisch-Aquarium umfunktioniert, und in einem 24-Stunden-Aufenthaltsraum mit Kaffeeautomaten läuft eine Audioinstallation.

Zwei Jahre Recherchen im Werksgelände Berndorf sowie zahlreiche Interviews mit Ortskundigen und Mitarbeitern - also Facharbeitern, ebenso wie Vorstand und Betriebsrat - gingen dieser Ausstellung voraus. "Wir haben natürlich niemanden gezwungen, sich zu beteiligen", erzählt Wolfgang Schneider, "manche Mitarbeiter waren unglaublich hilfsbereit und haben das Projekt von Anfang an mitgetragen, andere haben sich bis zuletzt geziert. Und wenn jemand überhaupt nicht fotografiert werden wollte, haben wird das ebenso respektiert."

Dunkelkammer im Raucherkammerl

Die beiden Künstler wollten auch selbst handwerklich arbeitend in der Firma anwesend sein und richteten sich eine Dunkelkammer ein, die auf Wunsch der Belegschaft später jedoch in ein Raucherkammerl umfunktioniert wurde. Im Zuge des Projektes dokumentierten sie unterschiedliche Ansichten zur Arbeitswelt. Während Kunstmachen zuweilen als Freizeitbeschäftigung belächelt wird, sehen viele Arbeiter ihre Beschäftigung als notwendiges Übel, könnte ein Resümee sein. Beatrix Zobl dazu: "Natürlich bedeutet das Mehr an Freiheit, das wir als Künstler haben, eine ökonomische Einbuße. Andere Leute gehen halt in eine Firma arbeiten, es nervt sie, und in ihrer Freizeit machen sie dann was ihnen Spaß macht. Und so traurig das ist, das trifft wohl auf die Mehrzahl der Menschen zu."

Freizeit, Arbeitszeit und Ruhestand

Das Thema Freizeit wurde in dem Kunstprojekt zu einem wichtigen Leitmotiv. Dass fließende Übergänge zwischen Arbeit und Freizeit kaum vorhanden sind, konnten Schneider und Zobel in ihren Interviews mit Arbeitern feststellen: "Dass Arbeit und Freizeit kaum verknüpft werden, merkt man auch daran, dass manche Menschen in ein Loch fallen, wenn sie in Pension gehen und sagen mit der Firma abgeschlossen zu haben. Das scheint mir ein ziemlich gravierendes Problem zu sein, für die Gesellschaft insgesamt."

Beatrix Zobl spricht von einer zuweilen geringen Wertschätzung der Arbeitskräfte durch Vorgesetzte: "Wenn man bedenkt, dass die meisten Leute einen Großteil ihres Lebens in der Firma verbringen, natürlich entsteht da Loyalität. Es muss irgendwas übrig bleiben, wenn man dann in Pension geht. Vielen Arbeitern geht es gar nicht in erster Linie ums Geld, sondern sie wollen ihre Leistungen anerkannt wissen, ohne übermäßige Kontrolle arbeiten und sich weiterentwickeln können."

Hör-Tipp
Leporello, Dienstag, 21. April 2009, 07:52 Uhr

Veranstaltungs-Tipp
Ausstellung "COMPANY. Arbeiten in Berndorf", Besichtigung, Führungen und Diskussionen noch am 25. April und 1. Mai 2009 am Fabriksgelände der Berndorf AG in Berndorf

Links
Beatrix Zobl und Wolfgang Schneider
Rotat - Projektbegleitung