Altes Buch mit neuem Ende
Effi Briest
"Effi Briest", Theodor Fontanes großer Liebes- und Ehebruchsroman, erschien erstmals 1894 als Vorabdruck in einer Zeitschrift. 115 Jahre danach ist der Stoff wieder im Kino angekommen - zum mittlerweile fünften Mal - und als Hörbuch erhältlich.
8. April 2017, 21:58
"Effi Briest", Theodor Fontanes großer Liebes- und Ehebruchsroman vor dem Hintergrund der Bismarck-Ära, erschien erstmals 1894 als Vorabdruck in einer Zeitschrift und im darauffolgenden Jahr in Buchform. 115 Jahre danach ist der Stoff wieder im Kino angekommen - zum mittlerweile fünften Mal.
Seit der vierten Verfilmung von Rainer Werner Fassbinder mit Hanna Schygulla in der Titelrolle sind 35 Jahre vergangen. Die jüngste Adaptation mit Julia Jentsch als Effi und Sebastian Koch als Ehemann Geert von Instetten stammt von der deutschen Regisseurin Hermine Huntgeburth. Ihr Anliegen war es, den Reiz des historischen Stoffes beizubehalten und die Geschichte der jungen Frau dennoch neu und aus heutiger Sicht zu erzählen.
Ein Fehltritt und die Folgen
Als Kino für die Ohren gibt es jetzt auf zwei CDs das Original- Hörspiel zum Film mit den Stimmen jener Schauspieler, die in dem Streifen zu sehen sind. Zunächst halten sich Verfilmung und Hörspiel weitgehend an die Romanvorlage, die allerdings subtiler und weit weniger plakativ ist.
Die 17-jährige Effi heiratet auf dringende Empfehlung ihrer Eltern den 38-jährigen und damit doppelt so alten Baron Geert von Instetten, der einst Effis Mutter verehrt hat. Mit ihrem Angetrauten führt Effi ein eintöniges Leben auf dessen Gut in Hinterpommern und wird dort nie wirklich glücklich. Sie leidet unter ihrer Furcht vor einem verstorbenen Chinesen, der angeblich im Hause herumspuken soll, und kommt so nicht und nicht zur Ruhe. Neun Monate nach der Hochzeit wird sie Mutter einer Tochter. Sie lernt den attraktiven Major Crampass kennen und beginnt eine rein auf das Sexuelle ausgerichtete Beziehung mit ihm.
Plausibler neuer Schluss
Effi zieht mit ihrem Mann, der nichts von dieser mittlerweile beendeten Affäre weiß, nach Berlin, wo er Karriere macht. Doch sechs Jahre später fliegt Effis Ehebruch durch einen Zufall auf. Der Baron fordert den Major zu einem Duell und tötet ihn. Effi wird von ihrem Gemahl und ihren Eltern verstoßen und von ihrem Kind getrennt.
Von da an weichen die Film- und Hörspielhandlung stark von Fontanes Original ab. Regisseurin Hermine Huntgeburth liefert eine für heutige Begriffe plausiblere Lösung und lässt ihre Effi nicht an gebrochenem Herzen sterben wie im Roman, sondern zeigt sie als starke junge Frau, die zusammen mit ihrem ehemaligen Hausmädchen Roswitha in einer kleinen Hinterhofwohnung lebt und unabhängig ihren Weg geht. Auch wenn sie bei einem Besuch ihrer Tochter schmerzlich erfahren muss, dass das Kind sich von ihr distanziert hat.
Der Großmutter ein Denkmal gesetzt
Fontane hatte übrigens die Figur der Effi Briest, wie er selbst in einem Brief klarstellte, nicht gänzlich frei erfunden. Er orientierte sich am Lebenslauf von Elisabeth von Ardenne, geborene Plotho, Großmutter des Physikers Manfred von Ardenne, die allerdings keineswegs an gebrochenem Herzen zugrunde ging wie Effi Briest. Sie ergriff einen Gesundheitsberuf und starb erst 1952 im Alter von 98 Jahren. Sie überlebte den Autor somit um mehr als ein halbes Jahrhundert.
Die Film- und Hörspielversion liegt also in diesem Punkt näher an der Realität als Fontanes Roman.
Hör-Tipp
Hörbücher, Freitag, 1. Mai 2009, 18:15 Uhr
Hörbuch-Tipps
"Effi Briest". Originalhörspiel zum Film mit Julia Jentsch, Sebastian Koch u.a., 2 CDs, Gesamtspieldauer 97 Minuten, Hörbuch Verlag Hamburg
Julia Jentsch liest Theodor Fontane: "Effi Briest", gekürzte Fassung, 4 CDs, Gesamtspieldauer 312 Minuten, Hörbuch Verlag Hamburg