Gefeiert wird, was ist

Landschaftsoper Ulrichsberg

Es war ein großes und herrliches Fest, zu Ehren dessen was ist, in Ulrichsberg, im oberösterreichischen Mühlviertel, und es war der Versuch eines Neubeginns innerhalb des Genres Oper. "Ich wollte daraus ein soziales Ereignis machen", so der Komponist.

Peter Ablinger verbindet mit dem Begriff Oper erst einmal das Zusammenwirken verschiedener Kunstarten, die er für dieses Werk auseinanderdividiert hat, um sie jeweils für sich stehen zu lassen. Jede Kunstart bekam einen eigenen Ort, einen eigenen Wahrnehmungsbereich, einen eigenen Zeitrahmen und einen eigenen Akt, den die Besucherinnen und Besucher dann jeweils eingeladen waren, zu durchwandern - sowohl im metaphorischen, als auch im wortwörtlichen Sinn. Man könne hier durchaus von einem Stationen-Theater sprechen, so der Komponist, wobei dies dann üblicherweise in Theaterhäusern passieren würde:

Peter Ablinger: "Der Aktionsraum in meiner Landschaftsoper war viel weiter gespannt, und hat auch Orte miteinbezogen, die erst einmal gar nichts mit Kunst zu tun haben, wie etwa die Umfahrungsstraße. Und so durchwandert man eben die verschiedenen Stationen und erst am Schluss, wenn man alle sieben Akte erlebt hat, fügt sich dieses Kaleidoskop aus den vielen verschiedenen, dann doch aufeinander bezogenen Kunstformen und Wahrnehmungsweisen im Kopf zusammen. Und ich denke, dass das der eigentliche Ort ist, wo Kunst stattfindet."

Herzstück Arboretum

Baumpflanzung, Wanderkarte, Feldaufnahmen, Videoinstallation, Computerklavier, Schülerprojekt und Konzert, aus all dem setzte sich die "Landschaftsoper Ulrichsberg" zusammen. Ihr Herz, das Arboretum, hat dabei eigentlich gerade erst zum Schlagen begonnen.

Peter Ablinger: "Das Arboretum ist einerseits der Ausgangspunkt und in gewisser Weise auch gleichzeitig der Endpunkt der 'Landschaftsoper Ulrichsberg'. Es handelt sich dabei um eine Baumpflanzung nach akustischen Gesichtspunkten. Die Bäume wurden vor einem Jahr etwa gepflanzt und sind im Grunde ja erst unter Anführungszeichen in 30 Jahren oder so konzertreif, wenn sie also ausgewachsen sind. Das heißt, kurz bevor ich von dieser Welt abtreten werde, wenn mir denn ein langes Leben beschieden sei, kann ich noch einmal nachschauen, ob ich alles gut organisiert und strukturiert habe."

Baumrauschen in Seitelschlag

Das zentrale Thema in Peter Ablingers künstlerischer Arbeit ist das Rauschen und bereits seit Mitte der 1990er Jahre beschäftigt sich der Komponist unter anderem auch intensiv mit dem Baumrauschen. Die Idee, sozusagen als eine permanente Klanginstallation eine Reihe von Bäumen nach akustischen Gesichtspunkten zu pflanzen, trug Ablinger bereits seit mehreren Jahren mit sich herum. Dank der Einladung und des unermüdlichen Engagements von Alois Fischer, dem Leiter des Ulrichsberger Jazzateliers konnte diese Idee nun realisiert werden, auf einem Hügel in Seitelschlag, auf einem ganz besonders windigen Plätzchen. Ausschlaggebend für die Verteilung der Bäume waren zum einen deren Lautstärke, und zum anderen deren Klangfarbe, denn jede Baumart rauscht ein bisschen anders.

Peter Ablinger: "Und das Schöne was ich dann noch bemerkt habe, nachdem ich angefangen habe, mich mit der Landschaft näher zu beschäftigen, ist, dass genau der Hintergrund vor diesem Hügel ein langgestreckter, bewaldeter Kamm des Böhmerwaldes ist. Und auf Tschechisch heißt der Böhmerwald ja 'Sumava', also 'die Rauschende'."

18 Ulrichsberger Tänze

Das Festkonzert bestand aus zwei Teilen. Im ersten Teil gab es 18 Ulrichsberger Tänze zu hören, 18 ein- bis dreiminütige Kammermusikstücke, denen das Videomaterial aus Akt Nummer Vier zu Grunde lag. Akt Nummer Vier bestand aus einer Videoinstallation im Pfarrzentrum, in deren Rahmen 18 Ulrichsbergerinnen und Ulrichsberger erzählten, eben was ist.

Kompositionsprinzip

In der musikalischen Zusammenführung von Stimmklang und Instrumentenklang verfolgte Peter Ablinger dasselbe Kompositionsprinzip wie bei seinem Werkzyklus "Voices and Piano". Mit Hilfe eines von Winfried Ritsch entwickelten Computerprogramms analysierte er die Sprachaufnahmen auf ihre rhythmischen und klanglichen Inhalte. Dabei interessierte er sich aber diesmal besonders für eine unregelmäßige Rasterung, die auch dem Oberösterreichischen mehr entsprechen würde, wie Ablinger erklärt.

Das klingende Ulrichsberg

Nach der Aufführung der 18 Ulrichsberger Tänze übernahmen dann die Bühne eine bunte Mischung an Musikerinnen und Musiker, des Brucknerorchesters und der Marktmusikkapelle Ulrichsberg, weiters auf der Bühne im Einsatz waren die Musikschüler Jakob Frattner, Dominik Löffler, Stefan Barth und Michael Rothbauer, die Stubenmusik Peilstein, das Trio Broccoli, das Elektronik-Duo atelier_abstrait und die Saxophonistin Tanja Feichtmair.

Der Musik zu Grunde gelegen sind diesmal Aufnahmen aus Akt Nummer Drei, Aufnahmen aus einem Archiv der Ulrichsberger Klänge, das in den letzten beiden Jahren angewachsen ist. Und zwischen den vom Brucknerorchester und von der Marktmusikkapelle gespielten Stücken, gab es Kurzauftritte der weiters oben Genannten.

Oper als ländliches Fest

Ja, es war ein großes, herrliches Fest von dem was ist, für die Ulrichsbergerinnen und Ulrichsberger und von den Ulrichsbergerinnen und Ulrichsbergern. Das sei ihm auch ein ganz wichtiges Anliegen gewesen, eben so viele wie nur irgendwie möglich in seine "Landschaftsoper Ulrichsberg" einzubinden, hebt Peter Ablinger hervor.

Peter Ablinger: "Ich wollte daraus ein soziales Ereignis machen, denn ich denke, Oper ist eine soziale Angelegenheit, schon von der Struktur her. Bei Oper denke ich auch die gesellschaftliche Verantwortung mit, deswegen sollte ein ländliches Fest die Grundstruktur der Landschaftsoper bilden."

Und dieses Konzept ist dann auch aufgegangen, denn nicht nur auf der Bühne, sondern auch vor der Bühne herrschte an diesem Abend in der Ulichsberger ESV-Halle an der Großen Mühl ein dichtes Gedränge.

Hör-Tipp
Zeit-Ton, Donnerstag, 2. Juli 2009, 23:03 Uhr

Links
Jazzatelier Ulrichsberg
Peter Ablinger