Wladyslaw Bartoszewski im Europajournal-Sommergespräch
Die Wegbereiter der Wende
Er verbrachte viel Zeit seines Lebens in Gefängnissen, überlebte sowohl das NS-Regime, wie auch die Kommunisten: der ehemalige polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski gilt heute als großer alter Mann der polnischen Diplomatie.
8. April 2017, 21:58
Für Polen ist das Jahr 2009 ein Jahr in dem es gilt vieler Jahrestage der polnischen Geschichte zu gedenken: 70 Jahre ist es her, dass Nazideutschland Polen überfallen hat, 20 Jahre, dass mit dem Runden Tisch und der Wahl des ersten nicht-kommunistischen Regierungschefs das Ende des Kommunismus in Ost-Mitteleuropa und die Überwindung der Teilung Europas eingeläutet wurde.
Polen hat den Weg geebnet
Ohne die erste freie Gewerkschaft im Osten, der Solidarnosc, so sind sich Historiker heute weitgehend einig, hätte der Auflösungsprozess des Ostblocks wohl wesentlich länger gedauert. Polen war also gewissermaßen der Wegbereiter für den Fall der Berliner Mauer und die Wende in den anderen osteuropäischen Ländern. Und nicht zuletzt erinnert man sich in Polen auch an den Beitritt zur Europäischen Union vor fünf Jahren, eine Entwicklung die als Erfolgsstory betrachtet werden kann.
Auschwitz und Kommunismus überlebt
Wladyslaw Bartoszewski gilt als großer alter Mann der polnischen Diplomatie. Der tiefgläubige Katholik und Auschwitz-Überlebende war viele Jahre als Publizist tätig. In der Stalinistischen Ära geriet er jedoch ins Visier des Staates und musste sechs Jahre hinter Gittern verbringen. Ab 1980 engagierte er sich bei der Solidarnosc und wurde nach der Verhängung des Kriegsrechts von den Kommunisten ins Gefängnis gesteckt.
Nach seiner Freilassung hatte Bartoszewski einige Gastprofessuren in Deutschland inne. Nach der politischen Wende vor 20 Jahren wurde er polnischer Botschafter in Wien, später gehörte er mehreren Regierungen als Außenminister an.
Ein Korb für den Ministerpräsidenten
Auch als 2007 der jetzige rechtsliberale polnische Ministerpräsident Donald Tusk gewählt wurde, hätte dieser am liebsten wieder Bartoszewski zum Außenminister gemacht, er holte sich aber einen Korb. Dafür sei er zu alt, meinte Bartoszewski, ließ sich dann aber doch überreden, der Regierung als Staatssekretär für internationale Beziehungen zu dienen - trotz seiner heute 87 Jahre.
In dieser Rolle kümmert er sich vor allem um das nicht immer einfache Verhältnis zwischen Polen und Deutschland. Für diese Bemühungen erhielt er vergangenes Jahr, gemeinsam mit Gesine Schwan den Europäischen Kulturpreis der Kulturstiftung "Pro Europa". Bereits 1986 war er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden.
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Polen als Vorreiter der Wende
25 Jahre Solidarnosc
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Europa-Journal, Freitag, 31. Juli 2009, 18:20 Uhr
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- Wendejahr 1989