Computer in der Kleidung

Kleidsame Technik

Computersysteme werden immer kleiner und mobiler und nisteten sich in vielen Winkeln unseres Alltags ein. Doch einfach und intuitiv zu bedienen sind sie noch lange nicht. Für dieses Problem sucht man im Bereich Wearable Computing nach Lösungen.

Der Rechner, der auf meinem Schreibtisch steht, heißt zwar Personal Computer. Seinem Namen macht er bislang aber keine Ehre, denn wirklich persönlich ist er nicht. Da es ein Laptop ist, kann ich ihn zwar überallhin mitnehmen. Doch um ihn zu benutzen, muss ich ihn erst mal aus der Tasche herausholen. Ihn aufklappen und hochfahren und das dauert seine Zeit.

Dass muss nicht sein, meinen Forscher, die im Bereich Wearable Computing, arbeiten. Warum kann ich meinen Rechner nicht einfach hochfahren in dem ich einen Reißverschluss öffne oder meine Hemdsärmel hochkremple? Das wäre doch viel praktischer und intuitiver.

Computer und Sensoren sollen sich in unsere Kleidung einnisten. In unsere Schuhe, Brillen oder Jacken. So lauten die Prophezeiungen schon seit Jahren. Doch bisher sieht man im Alltag davon noch wenig. Einmal im Jahr treffen sich deshalb die Forscherinnen und Forscher auf der dem "International Symposium on Wearable Computers" (ISWC) um die Technologien endlich alltagstauglich zu machen.

Ablöse des Allzweckcomputers

"Der Computer muss heute nicht nur aus Bildschirm, Tastatur und Recheneinheit bestehen", sagt Alois Ferscha. Er ist Professor für Pervasive Computing der Linzer Kepler Universität und einer der Organisatoren der diesjährigen Wearable Computing Konferenz. "Im Grunde kann heute alles Computer sein: unserer Möbel, Räume, Gebrauchsgegenstände uns natürlich auch unserer Kleidung und Accessoirs. Möglich macht diese Entwicklung die Miniaturisierung von Computertechnologie und Elektronik, die die Bestandteile in den letzten Jahren um ein Vielfaches schrumpfen ließ.

Eine Brille für jeden Anlass

Derzeit arbeitet Alois Ferscha mit seinen Studierenden und Mitarbeitern an einer Multimediabrille, einem echten Multitalent. Die Brille kann durch Sensoren die Vitalfunktionen des Trägers überwachen. Per GPS, weiß die Brille, wo sie sich am Planeten befindet, über Funkchips kann sie mit anderen Brillen kommunizieren und eine kleine Kamera nimmt Bilder aus meiner Perspektive auf. Darüber hinaus zeigt ein kleines Display auf der Innenseite Bilder und Text an, die etwa vom Display meines Mobiltelefons stammen.

Einsatzgebiete für eine solche Brille, gibt es für Alois Ferscha en masse. Beim Outdoor-Sporteln könnte mir die Brille etwa Informationen über meine Position und Umgebung auf meinen transparenten Display liefern, beim Reisen in fremde Städte Informationen über Sehenswürdigkeiten auf die ich gerade Blicke und im Supermarkt könnte sie mich bei einer Diät unterstützen, indem sie mir anzeigt was und wie viel ich wovon kaufen kann um mein Wunschgewicht zu erzielen.

Aber auch für Mediziner kann die Brille interessant sein: Am Linzer Krankenhaus haben Ärzte mit der Brille bereits eine Endoskopie durchgeführt. Die Vitalfunktionen des Patienten hatten sie damit immer im Blickfeld.

Potential im Gesundheitsbereich

In den Bereichen Medizin, Gesundheit und Sport liegt generell das größte Potential für Wearable Computing. Denn dort könne man mit spezifischen Sensoren den Gesundheitszustand einer Person überwachen, meint Gerhard Tröster. Er ist Direktor des Wearable Labs der ETH in Zürich, einem der wichtigsten Entwicklungslabors für Anzieh- Computer.

Das 2001 gegründete Lab arbeitet an sehr unterschiedlichen Anwendungen. Die Bandbreite reicht vom Snowboard Trainer, der mir mithilfe von Sensoren am Brettl und in der Kleidung meinen Fahrstil korrigiert bis hin zur intelligenten Kleidung für Feuerwehrmänner, die auf potentielle Gefahren hinweist.

Wann und ob es diese Prototypen jemals zu kaufen gibt, hängt von vielen Faktoren ab, meinen Tröster und Ferscha. Eine der größten Schwierigkeiten liege noch darin, die Elektronik so robust zu bauen, dass sie nicht gleich beim ersten Tragen oder Waschen kaputt geht.

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