Arnulf Rainer, Künstler

Malerei, um die Malerei zu verlassen

In den frühen 1960er Jahren formulierte Arnulf Rainer seine Idee von der "Malerei, um die Malerei zu verlassen". Heute zählt er jedoch zu den international bekanntesten österreichischen Malern. Am 8. Dezember 2009 feiert Rainer seinen 80. Geburtstag.

Maria Lassnig hat ihn verführt...

Bereits von Kindheit an hat Arnulf Rainer gezeichnet und gewusst, dass er - im Gegensatz zu seinem Zwillingsbruder - Künstler werden möchte. Und so ist er - wie in vielen Meldungen zu lesen ist - einer der international bekanntesten österreichischen Künstler der Malerei der Nachkriegszeit geworden. Am 8. Dezember 2009 feiert er seinen 80. Geburtstag.

Zu viel Zwang

Arnulf Rainer wird 1929 in Baden bei Wien geboren, wo er im September 2009 ein eigenes Museum erhielt. Bereits als Kind fällt sein Zeichentalent auf, er malt und zeichnet überall. Die Nationalpolitische Erziehungsanstalt in Traiskirchen verlässt Rainer, weil man ihn zwingen wollte, nach der Natur zu zeichnen.

Er maturiert an der Staatsgewerbeschule in Villach und wird an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien aufgenommen, nach einem Tag und einem Streit verlässt er diese, an der Akademie der bildenden Künste bleibt er ganze drei Tage.

Die "Hundsgruppe"

Mit den Künstlern Ernst Fuchs, Anton Lehmden, Arik Brauer, Wolfgang Hollegha und Josef Mikl wird die "Hundsgruppe" gegründet, bei ihrer einzigen Ausstellungseröffnung in Wien wird das Publikum beschimpft. Nach dieser Ausstellung wendet sich Rainer vom Phantastischen Realismus ab.

Mit Maria Lassnig reist er 1951 nach Paris, hier trifft er André Breton und ist von dem Treffen enttäuscht. Und Arnulf Rainer experimentiert in Richtung "gestische Malerei": Er arbeitet mit geschlossenen Augen - "Blindmalerei" und "Automatische Malerei". Diese künstlerische Auseinandersetzung führt zu der Serie von "Zentralisationen - Zentralgestaltungen".

Den Bildern ihr Geheimnis zurückgeben

Dann beginnt er mit etwas, das in der öffentlichen Wahrnehmung für viel Aufsehen gesorgt hat: "Ich wusste nicht wozu, wohin, wie lange, als ich 1952 begann, über eigene Bilder zu malen (Anm.: ab 1953 auch über fremde). Erst langsam, im Laufe der Jahre, entwickelten sich geschlossene schwarze Flächen oder Strichbündel, in denen ich mich selber erkannte, eintauchte und repräsentierte", schreibt Rainer 1973 in seinem Aufsatz "Von den Übermalungen zur Zumalung".

Die Übermalungen sind für Rainer auch ein Versuch, den Bildern das zurückzugeben, was sie verloren haben: ihr Geheimnis. Es geht auch nicht - wie oft auf einer oberflächlichen Betrachtungsebene behauptet wurde - um die "Zerstörung", sondern Rainer geht es um die "Vervollkommnung".

Die künstlerische Arbeit ist für ihn vor allem eine Art Selbstgespräch, und die Übermalung ist "die Entwicklung dieses Selbstgesprächs in ein Schweigen". Theoretische Betrachtungen über Kunst mag er sowieso nicht besonders.

Die ewig gültigen Themen des Lebens

Seine schriftlichen Überlegungen und Zueignungen zu seinem künstlerischen Schaffen ermöglichen den Betrachterinnen und Betrachtern, sowie Leserinnen und Lesern, das künstlerische Verständnis von Rainer besser zu erfassen. Rainer geht es in seiner kompromisslosen Auseinandersetzung mit sich und der Umwelt um die ewig gültigen Themen des Lebens: um die nackte menschliche Existenz. Leben als Kunst und Kunst als Leben.

Arnulf Rainer sieht sein Werk als eine Art von Baum mit verschiedenen Ästen und Verästelungen, auch wenn die Frage nach dem Stamm nicht so leicht zu beantworten sei; 1980 schreibt er: "Wahrscheinlich bin ich gar kein Baum wie andere Künstler, sondern nur ein wuchernder Strauch, der dauernd seine Vollständigkeit überprüfen will und alle möglichen Zweige ausdehnen muss" (in den Ausführungen "... Als Van Gogh Als ... oder der Versuch, meinen permanenten Zerfall aufzuhalten").

Religion erfassen wollen

Rainers Übermal-Variationen sind sehr unterschiedlich und in ihrer Aussagekraft äußerst vielfältig. Die Variationsbreite reicht dabei von übermalten Grimassenfotos über Fingermalereien bis zu Übermalungen von Totenmasken und Leichengesichtern. In "Als wäre es Endgültigkeit" (1978) kommt Rainers zentrales Thema nochmals zur Sprache:

Als Mensch wie alle anderen ist es auch für mich die große Konfrontation. Als Nichts- und Allesgläubiger will ich hier Religion erfassen. Fassen als Künstler, tabuloser, direkter darstellen als Gestalter.

Die Serie der großen Kreuze und Totenmasken setzt er 1983 fort.

Leidenschaft Wahrheit

1978 und 1980 vertritt Rainer Österreich bei der Biennale in Venedig, 1981 übernimmt er (bis 1985) eine Professur an der Akademie der bildenden Künste in Wien. 1993 wird ein Arnulf Rainer Museum in New York eröffnet.

Für Arnulf Rainer scheint die Wahrheit keine Tugend zu sein, sondern eine Leidenschaft - so wie Albert Camus schreibt - und deshalb ist die Wahrheit nie barmherzig.

Service

CD Menschenbilder "Arnulf Rainer", erhältlich im Ö1 Shop

Arnulf Rainer Museum