Walter Kappacher im Porträt

Ein Seltener

Vom Feuilleton und von der Literaturkritik hochgeschätzt, ist der 1938 geborene Walter Kappacher einem breiten Leserpublikum weitgehend unbekannt geblieben. Das ändert sich 2009 schlagartig mit der Zuerkennung des Georg-Büchner-Preises.

Fusch. So hätte er heißen sollen, der jüngste Roman von Walter Kappacher. Fusch - Bad Fusch, so wie der Schauplatz des virtuosen literarischen Meisterstücks über zwölf Tage im Leben von Hugo von Hofmannsthal. Hofmannsthal hatte sich ins Salzburgische zurückgezogen, um zu schreiben, Kappacher ist den inneren Vorgängen des Autors mit Feingefühl und unaufdringlicher Virtuosität nachgegangen. Ein literarischer Glücksfall.

Festgehaltene Stimmungen

In seinen Romanen und Erzählungen hält der Autor seit 1975 mit Klarheit und Präzision Stimmungen fest. Seit 2003 hat Kappacher seinen beobachtenden Blick auch ins Schilf gerichtet. Er bannt die Stimmungen im Schilfgürtel in einer Bucht des Mattsees auf Fotografien: bläulich schimmernde Eisschollen und steil und sperrig daraus emporragende Halme.

Der Literat, der sich gerne selbst als einen "Amateur" bezeichnet, übte im Laufe seines Lebens bereits die unterschiedlichsten Berufe aus. Kappachers erste Arbeitswelt war eine Motorradwerkstatt. Die Faszination der Technik, das Heldentum der Rennfahrer und das komplexe Sozialgefüge in einer Werkstatt sind Motive seiner Romane "Die Werkstatt" (1975) und "Ein Amateur" (1993).

Fasziniert von Sprache

Nachdem er den Schauspieler Oskar Werner in Salzburg spielen gesehen hatte, entstand in Kappacher der Wunsch, selbst den Beruf des Schauspielers zu ergreifen. Er bat den späteren Kottan-Darsteller Peter Vogel, der damals zu Dreharbeiten in Salzburg weilte, um Ezzes. Vogel empfahl ihm eine Münchener Schauspielschule, wo Kappacher als Faktotum und Schüler anheuerte.

"Ich habe zu spät begriffen, dass es nicht das Theater war, was mich so gefesselt hat, sondern die Sprache Goethes, Kleists, Lessings, Hölderlins und Novalis' hat meine Begeisterung hervorgerufen", meint Kappacher retrospektiv. Seine Schauspielausbildung brach er ab; das Rezitieren und Memorieren von Monologen Shakespeares und Gedichten wie "Die Kirche" von Nago aus Rainer Maria Rilkes Christus-Visionen sind ihm geblieben.

Italienischer Lebensabschnitt

Fünfzehn Jahre lang zog es Walter Kappacher immer wieder in die Toskana, wo er ein verfallenes Bauernhaus herrichten ließ. Zum Schreiben ist er in der Toskana nicht gekommen, und schließlich fand er ob der immer häufiger werdenden Überraschungsbesuche gar keine Ruhe mehr in Valdarno.

In das Haus in den Hügeln bei Arezzo will Kappacher nicht mehr zurückkehren, um sich seine Erinnerung ungetrübt bewahren zu können. Doch die Erinnerung an den italienischen Lebensabschnitt und die damit verbundenen Geschichten haben sich ohnehin unwiderruflich in Kappachers Kopf festgesetzt und erfuhren eine späte literarische Würdigung in dem Roman "Selina oder Das andere Leben". Mit der Zuerkennung des Georg-Büchner-Preises erlebt auch Kappachers Selina eine späte Anerkennung und findet ihr Publikum.

"Unauffällig unverspielt"

Kappachers Kollege Peter Handke schätzt den Salzburger Schriftsteller übrigens sehr, er nennt ihn einen "Seltenen" und vergleicht ihn mit Robert Walser, wobei er Kappacher attestiert, "unauffällig unverspielt" zu erzählen.

Der Titel "Fusch" für Kappachers jüngsten Roman fand übrigens in den Augen des Verlages keinen Gefallen. Im Halbschlaf kam dem Autor der Titel für das Buch, das bald darauf in den Bestsellerlisten auftauchte: "Der Fliegenpalast".

Service

Buch Walter Kappacher, "Der Fliegenpalast", Residenz Verlag